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Brandenburg: 1 mit 9 Nullen: Eine Milliarde neue Schulden

Koalition berät über Sparpläne und braucht noch höhere Kredite. Schon jetzt sind 800 Millionen Euro für Zinsen fällig

Potsdam. Brandenburg, bereits jetzt neben Sachsen-Anhalt das am höchsten verschuldete Ost-Bundesland, steuert weiter in die Rekordverschuldung. Das Land werde in diesem Jahr voraussichtlich eine Milliarde Euro neue Kredite aufnehmen müssen, kündigte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Samstag in Potsdam an. Zuvor hatten sich die Koalitionsspitzen auf einer wegen der dramatischen Finanzlage anberaumten Krisen-Sitzung auf einen radikalen Sparkurs verständigt, bei dem jedoch Schulen, Hochschulen und Technologieförderung geschont werden sollen. Im Landeshaushalt für 2003 klafft ein Defizit von 803 Millionen Euro, das sich laut Platzeck durch weitere Einnahmeausfälle oder Zusatzbelastungen auf eine Milliarde Euro erhöhen kann.

Davon sollen, so der Beschluss des Koalitionsausschusses, 280 Millionen Euro durch Kürzungen eingespart werden. Eine entsprechende Liste mit 180 konkreten Vorschlägen, die Finanzministerin Dagmar Ziegler (SPD) dem Gremium präsentierte, wollen die Koalitionsfraktionen in den nächsten Tagen beraten. Wie berichtet, sieht diese drastische Einschnitte in allen Bereichen vor. Es werde „unheimlich schwer“, diese Einsparungen zu erreichen, sagte Platzeck. Das Land habe 13 Jahre über seine Verhältnisse gelebt. Die Konsolidierung des Landeshaushaltes werde „noch Jahre“ dauern. Vizeregierungschef und Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) sagte, es bleibe beim ehrgeizigen Ziel, das Sparpaket am 11. Februar im Kabinett zu verabschieden. „Allerdings können wir nicht garantieren, was der Gesetzgeber macht.“ In der Koalition wird mit heftigen landesweiten Protesten gerechnet.

Bereits jetzt beträgt der Schuldenstand des Landes 14,8 Milliarden Euro, so dass sich durch die neuen Kredite die extrem hohe Zinsbelastung weiter erhöhen wird: Bei einem Gesamthaushalt von 9,8 Milliarden Euro waren laut bisherigem Haushaltsplan für 2003 bereits 819 Millionen Euro für Zinsen vorgesehen eine Folge der Verschuldungspolitik seit 1990. Zum Vergleich: 1995 betrugen die Zinszahlungen Brandenburgs 446 Millionen Euro.

Noch ehe das Sparpaket verabschiedet ist, wurden neue Risiken bekannt. Sie stammen aus den 90er Jahren, als der Bau von Sozialwohnungen massiv über Landeskredite gefördert wurde. Die landeseigene Investitionsbank (ILB) soll laut einem „Spiegel“-Bericht rund 7,5 Milliarden Euro in das so genannte „Wohnungsbauvermögen“ gepumpt haben. Wegen des eingebrochenen Wohnungsmarkts sei nun die Rückzahlung der Darlehen ungewiss. Um zu vermeiden, dass die ILB dadurch finanzielle Probleme bekommt, wurden die Laufzeiten für die Darlehen bereits von ursprünglich 15 Jahren auf 30 Jahre verlängert. Platzeck und Schönbohm äußerten sich gestern nicht zu dem Komplex. Der CDU-Finanzexperte Thomas Lunacek sagte jedoch: „Es ist höchste Zeit, das Wohnungsbauvermögen genau unter die Lupe zu nehmen.“

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