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Friseurin Susanne Toraman schneidet am 28.09.2015 in Bremen dem zweijährigen Masoum aus Syrien die Haare. Einmal die Woche schneidet Toraman Flüchtlingen in einem Übergangswohnheim kostenlos die Haare.

© dpa

Bremen: Waschen, Schneiden, Zuwendung: Gratis-Frisuren für Flüchtlinge

Zum Friseur zu gehen ist für uns selbstverständlich, für Flüchtlinge Luxus. Bremer Friseure schneiden ihnen deshalb kostenlos die Haare - damit diese sich ein bisschen wohler fühlen können, ein Stück Normalität in der Fremde erleben.

Schwarze Haare kringeln sich auf dem Boden. Ganz still sitzt die junge Syrerin auf dem Stuhl. Die Friseurin zückt die Schere und wieder gleitet eine lange Strähne nach unten. Für die 28-Jährige ist es der erste Haarschnitt, seit sie nach Deutschland geflüchtet ist - ein Einschnitt, der sich nun auch auf ihrem Kopf widerspiegelt. „Ich fühle mich nicht so wohl“, sagt sie. „Ich wollte eine Veränderung, einen neuen Look.“ An diesem Tag trennt sie sich von ihren langen Haaren. Als die Friseurin Susanne Toraman fertig ist, umspielt ein Pagenkopf das Gesicht der jungen Frau. Ihre beiden kleinen Kinder und zwei andere Flüchtlingsfrauen schauen der Verwandlung gespannt zu.

Zweimal im Monat schneiden Toraman und eine Kollegin an ihrem freien Montag Flüchtlingen kostenlos die Haare. Damit wollen sie den Menschen ein Stück Normalität zurückgeben. Vor der Flucht war es für viele selbstverständlich, zum Friseur zu gehen, jetzt fehlt ihnen das Geld dafür. „Eine neue Frisur ist natürlich nicht lebensnotwendig“, sagt Tomaran. „Aber man braucht es auch, berührt zu werden, sich wieder schön zu fühlen.“ Bereits zum dritten Mal besuchen die beiden Friseurinnen das Asylbewerberheim. An diesem Tag lassen sich auch die Frauen die Haare schneiden.

Ein leerstehendes Zimmer wird dafür zum Friseursalon umfunktioniert, damit die Frauen vor den Blicken der Männer geschützt sind. Eine Dolmetscherin übersetzt, wenn nötig. Doch oft reichen ein paar Gesten und die Friseurinnen wissen, was die Frauen wollen. Mit einer Rundbürste föhnt Tomaran das wellige Haar der jungen Syrerin glatt. Dann nimmt sie ihr den Umhang ab. „Danke schön“, sagt die 28-Jährige auf Deutsch und strahlt die Friseurin an. Im Badezimmer nebenan dreht sie sich langsam vor dem Spiegel hin und her, streicht sich prüfend über die Haare. Dann bindet sie ihr rosafarbenes Kopftuch darüber fest.

Friseurin Susanne Toraman schneidet am 28.09.2015 in Bremen einer Frauen aus Syrien die Haare. Einmal die Woche schneidet Toraman Flüchtlingen in einem Übergangswohnheim kostenlos die Haare.
Friseurin Susanne Toraman schneidet am 28.09.2015 in Bremen einer Frauen aus Syrien die Haare. Einmal die Woche schneidet Toraman Flüchtlingen in einem Übergangswohnheim kostenlos die Haare.

© dpa

Auch wenn nur wenige Menschen ihre neue Frisur zu sehen bekommen, für sie sei es ein schönes Gefühl, sagt sie. „Leider hat man viel zu wenig Zeit, etwas für sich zu tun. Ständig ist man mit den Gedanken in der Heimat.“ Sich waschen können, seinen Körper zu pflegen - auch das hat mit Menschenwürde zu tun. Viele Flüchtlinge sind monatelang unterwegs, schlafen unter freiem Himmel und teilen sich in überfüllten Lagern wenige Toiletten. „Viele haben manchmal nur das, was sie am Leib tragen“, sagt Erik Hattke vom Netzwerk „Dresden für Alle“, das Hygieneartikel an Flüchtlinge verteilt. Viele Menschen spendeten Kleidung. An Seife, Zahnpasta und Zahnbürsten fehle es dagegen. Auch das Deutsche Rote Kreuz stattet die Menschen in den Notunterkünften mit Waschzeug aus - aus gesundheitlichen Gründen, aber auch für das Wohlbefinden der Flüchtlinge.

Dass sich diese in ihrer Haut wenigstens ein bisschen wohler fühlen können, dafür wollen Friseure in Bremen, Berlin, Düsseldorf, Hamburg und vielen anderen Städten sorgen. Ein Angebot, das auch bei den Männern gut ankommt. Im Bremer Flüchtlingsheim warten sie schon in einer Sofaecke darauf, dass sie an die Reihe kommen. Als erstes nimmt der kleine Masoum auf dem Stuhl vor Susanne Toraman Platz. Der Zweijährige blickt etwas ängstlich drein, lässt sich dann aber geduldig die Haare mit der Maschine kürzen. Ein kritischer Blick vom Vater, ein zufriedenes Nicken, dann bittet er Toraman kurz um das Gerät. Mit geübter Hand rasiert er seinem Sohn drei waagerechte Linien auf die rechte Kopfseite - so wie er es zu Hause auch tragen würde. (dpa)

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