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Zwischenstation. Mit Bussen werden Neuankömmlinge zur Erstaufnahmeeinrichtung in der Bundesallee gebracht, die vor einer Woche eröffnet wurde.

© dpa

Flüchtlinge in Berlin: Weniger Chaos vorm Lageso - dank neuer Zweigstelle

Die Lage bei der Flüchtlingsaufnahme in Berlin entspannt sich. Der große Rückstau hält aber an. Nachts müssen immer noch viele Flüchtlinge auf der Straße schlafen.

Der Stadt ist ein Kraftakt gelungen. In diesem Jahr wurden bislang fast 45.000 Flüchtlinge in Berlin aufgenommen. Sie kamen über das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in der Turmstraße sowie mit Sonderzügen und -bussen aus Bayern und dann über die Registrierstelle Kruppstraße. Etliche reisten in andere Länder weiter.

Die monatelang chaotischen, teils menschenunwürdigen und gefährlichen Zustände vor dem bestürmten Lageso in Moabit konnten laut Beobachtern durch die Eröffnung der neuen Hauptregistrierungsstelle in der alten Landesbank an der Bundesallee gemildert werden. Dort wurden am Donnerstag 167 Flüchtlinge vollständig erstregistriert – rund 50 Menschen mehr als am Premierentag der innovativen Behörde mit Lageso, Ausländerbehörde, Bundesamt für Flüchtlinge und Migration (Bamf) und Jobcenter unter einem Dach. Seit Eröffnung sind es insgesamt 638 Personen.

Asylantrag: ein Tag statt zwei Jahre

So gelingt es nach Angaben der Sprecherin von Sozialsenator Mario Czaja (CDU), Regina Kneiding, dass derzeit 20 Asylbewerber „tagesgleich“ bearbeitet werden. Das bedeutet, dass das Bamf noch am selben Tag über den Asylantrag entscheidet – ein Prozess, der sonst Jahre dauert. Das betrifft etwa Syrer, die gleich Asyl erhalten, oder Migranten vom Balkan, deren Antrag abgelehnt wird. Ziel ist, in Berlin gemeinsam mit der Kruppstraße insgesamt 1000 Registrierungen am Tag zu erreichen.

In die neue, von Wachleuten abgeschirmte Registrierstelle kommen nur Flüchtlinge, die mit Bussen vom Lageso oder von Notunterkünften dorthingebracht werden und die das graue Handgelenksband mit Registriernummer vorzeigen können. Die Befürchtung, dass nun viele Flüchtlinge nachts vor der Bundesallee lagern, hat sich nicht bestätigt.

Doch vorm Lageso, wo täglich immer noch 300 bis 800 neu ankommen und hunderte „Altfälle“ anstehen, gibt es noch Probleme. Nach Angaben von „Moabit hilft“ schlafen immer noch Dutzende Flüchtende auf dem Bürgersteig vor der Turmstraße 21 oder im Park, und Hunderte stürmen gegen 3.30 Uhr los, um als Erste im wärmenden Vorregistrierungszelt zu sein. Dabei gebe es weiter tumultartige Szenen.

„Der Vertrauensverlust gegenüber den deutschen Behörden ist einfach da“, sagt die Sprecherin von „Moabit hilft“. Positiv sei, dass Besucher nun in beheizten Wartebereichen innen über Webcams die Nummern von der Wartetafel sehen. Es werden nun weitere Zelte aufgebaut. Die zuständige Bezirksstadträtin hatte dem Sozialsenator da zuletzt eine Frist bis 26. Oktober gesetzt.

In einer Woche gut 2000 Bändchen ausgegeben

Unterdessen gibt es beim Senat, Helfern und Heimbetreibern diverse Angaben, wie sich das Vorregistrierungssystem mit den unerlässlichen grauen Bändchen bewährt hat. Die gibt es nun für alle neu ankommenden Flüchtlinge, die sich an langen Tischen im weißen Zelt bei Lageso-Mitarbeiterinnen im Laptop vorregistrieren lassen. In einer Woche wurden bereits gut 2000 Bändchen ausgegeben.

In der Schmidt-Knobelsdorf-Kaserne in Spandau gibt es keine großen Probleme mit dem Transport von nicht registrierten Flüchtlingen zur Bundesallee. „Wir erhalten am Vortag eines Transports die Mitteilung, dass ein Bus vorbeikommt, dazu die Liste der Personen, die registriert werden und mitfahren sollen“, sagt Susan Hermenau, die Sprecherin des Betreibers Prisod. Rund 300 nicht registrierte Flüchtlinge sind in dem früheren militärischen Komplex untergebracht. „Verbale Konflikte gibt es nur, wenn mal ein Bus ausfällt oder zu spät kommt.“ Dann hätten einige Flüchtlinge Angst, sie würden abgeschoben.

Die Prisod-Verantwortlichen würden jedem nicht registrierten Flüchtling mitteilen, wie wichtig das graue Bändchen sei. Es solle auf keinen Fall abgemacht werden. Weniger zufrieden zeigte sich Malteser-Sprecher Matthias Nowak. Zur Großunterkunft Messehalle 26, die bei Behörden als „Wohnheim Jafféstraße“ geführt werde, fahren gar keine Shuttlebusse. So seien die meisten Bewohner noch nicht registriert. Flüchtlinge mit grauem Handgelenksbändchen, das auch als BVG-Ticket gilt, fahren nun teils nachts zum Lageso, um über den Zelteingang in einen Bus zu kommen.

Bei der Registrierung gibt es in Berlin einen Rückstau von mehr als 10.000 Flüchtlingen, die wohl teils noch Monate darauf warten müssen, dass sie mit der Registrierung auch Krankenschein und Berlin-Pass bekommen. Insgesamt erwarten Sozialverbände und Behörden in Berlin 2015 rund 70.000 Flüchtlinge.

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