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Drei an der Zankstelle. Lisa Paus, Clara Herrmann und Canan Bayram (von links) – sie gehören der Partei Bündnis 90/Die Grünen an – sind nicht einverstanden, dass die Bundesliegenschaft Rheinpfalzallee 85 in Karlshorst noch immer nicht als Fläche für Modularbauten zur Flüchtlingsunterbringung neu geplant werden kann.

©  Reinhart Bünger

Bundesimmobilien in Berlin: Wer nicht plant, kann auch nicht bauen

Der Verkauf von Bundesimmobilien zur Unterbringung von Flüchtlingen stockt. Seit dem Frühjahr wurde immer noch kein Preis ermittelt - also kann Berlin die Immobilien auch nicht erwerben.

Das Land Berlin kann nach Informationen dieser Zeitung die vom Bund angebotenen Grundstücke und Gebäude immer noch nicht kaufen, um sie zur Unterbringung von Flüchtlingen zu nutzen, oder sie – nach Abriss – neu zu diesem Zwecke zu bebauen.

Damit sind die rund sechzig Objekte, die der Tagesspiegel Anfang September veröffentlichte, praktisch wertlos für die Stadt: Dies länger als ein halbes Jahr nachdem der Bund sie dem Land – im April – angeboten hatte. Der Grund: Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) weiß noch nicht, was sie für die Liegenschaften zu bekommen hat und was sie dafür bekommen sollte.

BImA-Sprecher Thorsten Grützner bestätigte dieser Zeitung auf Anfrage am Donnerstagabend: „Derzeit laufen die Wertermittlungen für die von Ihnen angesprochenen Immobilien. Aufgrund der großen Anzahl ist es der BImA derzeit noch nicht möglich, den genauen Zeitpunkt zu benennen, wann die Arbeiten abgeschlossen sind.“

Konkret gefragt hatte der Tagesspiegel nach einer Liegenschaft in Karlshorst, die von der Bundestagsabgeordneten Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) sowie den Abgeordneten des Berliner Abgeordnetenhauses Canan Bayram und Clara Herrmann – ebenfalls von Bündnis 90/Die Grünen – ins Gespräch gebracht wurde.

Aufschlagen? Deckeln? Mindern?

Sie hatten sich darüber empört, „dass von den weit über 800 Bundesliegenschaften in Berlin bisher nur vier zur Unterbringung von Flüchtlingen geeignet sein sollen und seit Oktober 2014 keine weitere Bundesliegenschaft mehr als Flüchtlingsunterkunft hinzugekommen ist“. Berlin müsse sich gegenüber der BImA dafür einsetzen, dass alle weiteren laufenden Verkaufsverfahren zum Höchstpreis abgebrochen werden. Dies gelte insbesondere für den Verkauf von Frei- und Potentialflächen.

Doch der Preis macht derzeit die Musik – beziehungsweise eben nicht.

Zwar hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags am 11. November beschlossen, dass der Bund zusätzlich die Herrichtungskosten für Flüchtlingsunterkünfte auf BImA-Liegenschaften übernimmt, doch zu welchen Preisen diese abgegeben werden sollen, ist nicht geklärt.

Weder Bundesbauministerium noch die BImA-Pressestelle konnten en detail erläutern, was es mit dieser unklaren Vergaberichtlinie auf sich hat: Der Kaufpreisabschlag soll bei ehemaligen Militärflächen auf 350.000 Euro pro Kaufvertrag angehoben und auf 50 Prozent des Kaufpreises begrenzt werden. „Der zusätzliche Kaufpreisabschlag für eine Nutzung zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern wird auf jeweils 150.000 Euro erhöht und beträgt somit insgesamt 500.000 Euro pro Vertrag“, hieß es weiter in einem Agenturbericht.

Und: „Gedeckelt wird er auf 80 Prozent des Kaufpreises. Für die verbilligte Abgabe von Liegenschaften zum sozialen Wohnungsbau mit mindestens acht Wohneinheiten wird der Abschlag auf 25.000 Euro pro neuer Wohneinheit festgesetzt und auf 80 Prozent des Kaufpreises begrenzt.“

Die Prüfung dauert und dauert

Auch in Berlin weiß man offenkundig noch nicht, was man vom Bund, Land und Bezirken mit Blick auf die Liegenschaften nun gerne hätte. „Die Angebote von Landes-, Bundes- oder bezirkseigenen unbebauten Grundstücken werden für die Bebaubarkeit mit Modularen Unterkünften für Flüchtlinge von einer eigens eingerichteten Arbeitgruppe der Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL) in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geprüft“, heißt es in einem Bericht des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 5. November an den Präsidenten des Abgeordnetenhauses.

Nach derzeitigem Stand seien acht geeignete Grundstücke identifiziert worden. Bei den Bundesimmobilien weiß man vor allem, welche man nicht will: „Nach Auskunft der BIM (Berliner Immobilienmanagement GmbH) wurden im Rahmen einer Erstbewertung (Stand: 17. September) von 35 Bestandsobjekten 17 Objekte als nicht geeignet eingestuft. Ferner wurden 25 unbebaute Grundstücke benannt, wovon wiederum 11 nicht geeignet sind.“

„Diese Brachen sind dem Land Berlin bekannt seit März“, sagte Lisa Paus am Dienstag zur Liegenschaft Rheinpfalzallee 85 in Berlin-Karlshorst. Viele seien geeignet für modulare oder dauerhafte Unterkünfte. Doch der Senat habe erst im August mit der Prüfung begonnen. Und so kritisierte Paus: „Nur wenn man anfängt zu planen, kann man irgendwann auch anfangen zu bauen.“

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