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Flüchtlingsunterkunft Tempelhofer Flughafen.

© dpa

Update

Flüchtlingsheim Tempelhofer Feld: Messerangriff auf homosexuelle Flüchtlinge - Polizei ermittelt

Nachdem zwei homosexuelle Pakistani im Heim auf dem Tempelhofer Feld attackiert wurden, ermittelt die Polizei nun auch wegen eines Sexualdeliktes.

Der Angriff erfolgte mit einem Messer, die Klinge traf eine Hand des Opfers. Tatort: ein Hangar im Flüchtlingsheim auf dem Tempelhofer Feld. Zwei homosexuelle Pakistani wurden Anfang Januar von mindestens zwei Männern erst verbal, dann auch körperlich angegriffen, einer der Täter hatte ein Messer.

Das Motiv war offenbar Ablehnung der sexuellen Orientierung der Männer aus Pakistan. Der Vorfall wurde erst mit Verzögerung bekannt. Die Polizei nahm am 6. Januar eine Anzeige wegen „eines Sexualdelikts“ auf, dies teilte ein Sprecher der Polizei mit. Die beiden Pakistani sollen angeblich sogar vergewaltigt worden sein,diese Angaben sind aber nicht belegt. Die Männer wurden auf ihren Wunsch unverzüglich in ein anderes Heim verlegt. Die mutmaßlichen Täter leben unverändert in der Unterkunft in Tempelhof.

95 Fälle in Berlin

Michael Elias, der Leiter des Heims am Tempelhofer Feld, sagte dem Tagesspiegel: „Es gab eine unklare Zeugenlage, deshalb haben wir sofort, nachdem wir von dem Vorfall erfahren haben, die Polizei eingeschaltet.“ Den Angriff mit dem Messer gab es, denn „man hat die Schnittverletzungen gesehen“, sagte Elias. Nach Informationen des Tagesspiegels sollen auch Ausdrücke gesagt worden sein wie: „Ihr schwulen Typen, was wollt ihr hier?“.

Ein Mitarbeiter des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) sagte, ein Sozialarbeiter der Unterkunft habe ihn angerufen und von dem Vorfall berichtet. Auch er habe von der Messerattacke erzählt. Heimleiter Elias teilte mit, es gebe zwei Verdächtige. Die Polizei ermittelt.

Übergriffe auf homo- und transsexuelle Flüchtlinge sind ein brisantes Thema. Der LSVD teilte gerade mit, dass es zwischen August und Silvester 2015 insgesamt 95 solche Fälle in Berlin gegeben habe, viele davon in Heimen. Es gibt derzeit Probleme, homo- und transsexuelle Flüchtlinge in Privatwohnungen oder in Hostels unterzubringen.

Heim setzt auf Aufklärung

Im Tempelhofer Feld, derzeit mit mehr als 2000 Flüchtlingen das größte Heim in Berlin, „haben wir jetzt noch mehr als zuvor ein waches Auge auf diese Problematik“, sagt Elias. Derzeit leben rund 30 homosexuelle Flüchtlinge in den Hangars. Allerdings erfahren Elias oder die Sozialarbeiter nur davon, „wenn die Flüchtlinge uns vertrauen und sich öffnen“. Die Heimleitung weiß erst mal nichts über die sexuelle Orientierung eines Flüchtlings.

Das Heim setzt jetzt verstärkt auf Aufklärung. „Wir sagen den Gästen, dass Homo- und Transsexualität in Deutschland keine Tabuthemen sind, und dass sich Betroffene an uns wenden können“, sagt Maria Kipp, die Pressesprecherin des Heims. Gleichzeitig würden Flüchtlinge über die Werte in Deutschland informiert. Auch den Kontakt zum LSVD werde das Heim intensivieren. Außerdem habe das Heim inzwischen 50 Mitarbeiter im Sozialbereich.

Jeder kann sich immer melden

Ein gewisser Schutz, sagt Heimleiter Elias, sei auch die Architektur der Unterkünfte. „Wir haben keine Winkel, wir haben hier gerade Flure, hier kann sich niemand verstecken. Der öffentliche Raum ist gut sichtbar.“ Aber natürlich müssten die Menschen auch Privatsphäre haben.

Wenn sich ein Flüchtling unwohl fühle, etwa weil er homo- oder bisexuell ist, könne er sich jederzeit melden, sagt Elias. „Wir werden ihn dann gesondert unterbringen, vielleicht auch in einem anderen Hangar.“ Grundsätzlich werde bei einem strafrechtlichen Vorfall selbstverständlich sofort die Polizei eingeschaltet. „Wir sind keine Exekutive“, sagt Elias. 15 bis 20 Mal sei die Polizei seit Eröffnung ins Heim gekommen..

Die beiden Tatverdächtigen des aktuellen Vorfalls stehen auf jeden Fall unter Beobachtung. „Sie können sich darauf verlassen“, sagt Elias, „dass wir sie im Auge haben.“

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