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Junge Flüchtlinge.

© dpa

Eingeschränkter Familiennachzug: Minderjährige Flüchtlinge werden trotzdem kommen

Die Diskussion um den Familiennachzug brachte mehr Scheinlösung als Durchbruch. Junge Flüchtlinge werden weiter kommen - zu groß ist ihre Ausweglosigkeit. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Barbara John

Empörung und totales Unverständnis, so reagieren viele spontan, wenn über unbegleitete Minderjährige berichtet wird, die zu Lande und zu Wasser, aus Kriegs- und Krisengebieten, nach Westeuropa geflüchtet sind, vor allem nach Deutschland. Doch es gibt auch Gegenteiliges wie: „Das kann man doch verstehen; ich würde es in größter Not mit meinem Kind genauso machen.“

Doch bringen uns Bewertungen der elterlichen Motive, so falsch oder zutreffend sie sein mögen, auch nur einen kleinen Schritt weiter zu einer besseren Lösung? Kaum!

Mehr Scheinlösung als Durchbruch

Fakten leisten das zwar auch nicht, aber sie schaffen ein wenig mehr Klarheit. Die Zahl der sogenannten unbegleitet Einreisenden ist dramatisch gestiegen. Ende 2015 waren 20 Mal mehr (etwa 57000) von ihnen in der Obhut von Kinder- und Jugendhilfeämtern als 2010 (rund 5000 in Berlin).

Dass die meisten männlich sind (90 Prozent), aus Afghanistan, danach Eritrea, kommen und angeben, 16 oder 17 Jahre alt zu sein (70 Prozent), zeigt ein Lagebild, das dann doch weniger von Verantwortungslosigkeit und mehr von Ausweglosigkeit erzählt – oft in Verbindung mit einer Nachzugserwartung der Familie. In der Heimat gelten 16- bis 17-Jährige als Männer und wertvolle Miternährer der Familie. Dagegen stehen sie bei uns unter dem personell und finanziell aufwändigen Schutz der Kinder- und Jugendhilfe.

Im Idealfall kümmern sich deshalb, quasi als Elternersatz, Sozialpädagogen, Lehrer, Psychologen um sie, und manchmal auch die Polizei. Über den Nachzug der Eltern hat die Bundesregierung gestritten. Das Ergebnis? Mehr Scheinlösung als Durchbruch.

Der Elternnachzug ist ohnehin nur möglich, wenn die Kinder hier als Asylberechtigte oder vorläufig Schutzbedürftige anerkannt wurden und den Antrag vor der Volljährigkeit stellen konnten. Dazu brauchen sie neuerdings einen Vormund. Noch ist deren Bewerberzahl übersichtlich. Viele elternlose Minderjährige stellen auch gar keinen Asylantrag, weil sie eher auf berufliche Chancen setzen.

Wie auch immer: Über diese Gruppe muss flüchtlingspolitisch gründlicher nachgedacht werden. Ihre Zahl wird zunehmen, auch ohne garantierten Elternnachzug.

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