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Carsten Sieling (links), Bürgermeister von Bremen, und Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt.

© dpa

Streit um Verteilung von Flüchtlingskosten: Ministerpräsidenten verstärken Druck auf Schäuble

Dramatische Worte: Länderchefs warnen vor "Erschütterung der Republik" und Bruch der Schuldenbremse, wenn der Bund ihnen nicht mehr Geld für Flüchtlinge gibt.

Die harte Haltung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Streit um die Teilung der Flüchtlingskosten treibt manchen Ministerpräsidenten jetzt zu dramatischen Formulierungen und massiven Drohungen. Nach der Konferenz der Länderchefs am Donnerstag in in Berlin warnte der Bremer Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) vor einer „Erschütterung in der Republik“, wenn Länder wegen der Kosten für Unterbringung und Integration andere Leistungen kürzen müssten. Alle Ministerpräsidenten seien der Meinung, dass die staatlichen Sozial- und Fürsorgeleistungen für Bedürftige wegen der Flüchtlingskosten keinesfalls eingeschränkt werden dürften. Ähnlich hatte sich vor den Landtagswahlen SPD-Chef Sigmar Gabriel geäußert und einen „Sozialpakt“ vorgeschlagen mit höheren Sozialausgaben für Deutsche. Schäuble hatte das als „erbarmungswürdig“ bezeichnet – er fürchtet, Gabriels Vorstoß könne so verstanden werden, dass es tatsächlich zu Nachteilen für Inländer wegen der Flüchtlingskosten komme.

Müssen Sozialausgaben gekürzt werden?

Der sachsen-anhaltische Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der nach der Landtagswahl am vorigen Sonntag jetzt mit der AfD als größter Oppositionspartei umgehen muss, warnte vor einer „Notsituation“ in manchen Ländern. Die könne dazu führen, dass die grundgesetzlich vorgegebene Schuldenbremse nicht mehr eingehalten werden könne. Dann müssten entweder neue Schulden gemacht oder andere Ausgaben gekürzt werden, so Haseloff. Daher müsse es eine „substanzielle finanzielle Beteiligung“ des Bundes an den Flüchtlingsausgaben der Länder und Kommunen geben, „auch um keine Verteilungsdiskussion in der Bevölkerung entstehen zu lassen“.
Die Forderung der Ministerpräsidenten: Der Bund solle sich mit 50 Prozent an den Kosten beteiligen. Insbesondere bei den Kosten der Unterkunft für Flüchtlinge, die von den Kommunen getragen werden. Sieling warf Schäuble vor, der Bund trage bisher nur zehn bis fünfzehn Prozent der Kosten. Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sprach unlängst von 20 Prozent. Der Bund zahlt den Ländern bislang eine Pauschale je Flüchtling, die im vorigen Herbst vereinbart wurde und den Ministerpräsidenten mittlerweile als zu niedrig erscheint. Im Herbst soll es eine Spitzabrechnung nach den tatsächlich entstandenen Kosten geben. Schäuble verweist darauf, dass auch die Länder im vorigen Jahr insgesamt Haushaltsüberschüsse erzielt hätten. Der Bund hat seinen Überschuss, der freilich deutlich größer ausfiel, als Rücklage für Flüchtlingskosten in die Etats für 2016 und 2017 eingestellt.

CDU-Haushaltspolitiker rügt Länder-Position

Beim CDU-Haushaltspolitiker Eckhardt Rehberg stießen die Forderungen der Länder auf wenig Verständnis. „Es ist sehr ernüchternd, dass die Länder sich nicht einmal ein halbes Jahr an Vereinbarungen halten, permanent nach zusätzlichem Geld  vom Bund rufen und ihre verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten völlig ausblenden, sagte er. Grundsätzlich sind Länder und Kommunen für die Aufnahme und Betreuung von Asylbewerbern und Flüchtlingen zuständig. Die Forderungen nach einem höheren Bundesanteil werden damit begründet, dass die hohe Zahl an Flüchtlingen, vor allem seit Frühherbst 2016, durch die Flüchtlingspolitik des Bundes bedingt ist und den üblichen Rahmen sprengt. Rehberg verwies darauf, dass der Bund die Länder und Kommunen bei den Flüchtlings- und Asylkosten in diesem Jahr um 3,6 Milliarden Euro entlastet. "Jede staatliche Ebene muss ihren Anteil an den Integrationskosten tragen", sagte der CDU-Politiker. Der Bund habe seine flüchtlingsbedingten Ausgaben in diesem Jahr um mehr als vier Milliarden Euro erhöht.

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