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Brandenburg: 58 Bundespolitiker kämpfen gegen das Bombodrom

Auch Thierse unterstützt neue Initiative. Bundestag soll Antrag noch vor Ostern diskutieren

Berlin/Wittstock - Der umstrittene Bombenabwurfplatz bei Wittstock soll erneut Thema im Bundestag werden. 58 Abgeordnete von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS unterzeichneten einen Gruppenantrag gegen eine Inbetriebnahme des Bombodroms in der Kyritz-Ruppiner Heide. Hier wollen die Bundeswehr und Streitkräfte anderer Nato- Staaten Tiefflüge und Bombenabwürfe üben.

Zu den Unterzeichnern gehören auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und Vizepräsidentin Antje Vollmer (Grüne). Die Initiatoren des Vorstoßes, der Neuruppiner SPD-Bundestagsabgeordnete Ernst Bahr und Winfried Nachtwei von den Grünen, hoffen auf eine rasche politische Debatte. Noch vor der Osterpause soll sich das Parlament in erster Lesung mit dem Antrag beschäftigen.

Um das Bombodrom gibt es seit Jahren Streit. Die Gegner des Übungsplatzes befürchten durch den Lärm der Tiefflüge eine erhebliche Beeinträchtigung des Tourismus in Nordbrandenburg und der Mecklenburgischen Seenplatte. Die Unternehmervereinigung „Pro Heide“ sieht 15000 Arbeitsplätze in Gefahr, falls die Touristen durch den Krach vertrieben würden. „Alle sprechen von Opel oder Karstadt, aber hier sind die Dimensionen viel größer“, sagt Thomas Marquardt von „Pro Heide“. Seit 1991 seien eine Milliarde Euro in die touristische Infrastruktur der Gegend investiert worden.

Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hält trotz der Proteste am „Bombodrom“ fest. Bislang verfügt die Luftwaffe in Deutschland nur über Übungsplätze bei Nordhorn in Niedersachsen und im bayerischen Siegenburg, die allerdings viel kleiner sind als das 144 Quadratkilometer große Gelände zwischen Neuruppin, Rheinsberg und Wittstock.

Die 58 Unterzeichner des Gruppenantrages bezweifeln dagegen die Notwendigkeit des Wittstocker Übungsplatzes. In der Neuausrichtung der Bundeswehr als Instrument zur internationalen Konfliktverhütung und Krisenbewältigung gehöre die Bekämpfung von Bodenzielen im Tiefflug mit ungelenkten Bomben der Vergangenheit an. Für wenig realistisch halten die Abgeordneten auch die Wittstock in Aussicht gestellte Garnison, falls der Übungsplatz in Betrieb gehen sollte. Die Bundeswehr schließe in den nächsten Jahren aus Spargründen rund 100 Standorte. „Vor diesem Hintergrund wäre die Neugründung eines Standortes in Wittstock für circa 60 Millionen Euro nicht vertretbar“, heißt es im Antrag. Ein solches Vorhaben beschädige die Glaubwürdigkeit des neuen Stationierungskonzeptes. Deshalb solle die Bundesregierung unverzüglich auf den Übungsplatz bei Wittstock verzichten und eine zivile Nutzung der Liegenschaft ermöglichen.

Bislang scheiterten allerdings alle Versuche, ein Ende der militärischen Pläne auf politischer Ebene durchzusetzen. Im Bundestag fanden sich dafür nie genügend Abgeordnete. So konzentrierten sich die Gegner auf Gerichtsverfahren. Bis jetzt steht es dabei 19:0 gegen das Bombodrom; die Bundeswehr hat seit 1995 alle Prozesse verloren. Dabei ging es jedoch meist um Verfahrensfragen. Allerdings gab es kürzlich einen „entscheidenden Durchbruch“, wie der Rechtsanwalt Rainer Geulen die vom Oberverwaltungsgericht Brandenburg entschiedene Klage der Gemeinde Lärz beurteilte. Das Dorf hatte die von der Bundeswehr angegebene Lärmbelästigung bei einem Übungsbetrieb angezweifelt. Das Gericht folgte der Argumentation. Neun weitere Klagen von Kommunen, Naturschutzverbänden und Privatleuten stehen in den nächsten Monaten zur Entscheidung an.

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