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Brandenburg: Abschied: Ein letztes Lichtermeer für Ulrike

In der Trauerhalle auf dem kleinen Friedhof von Eberswalde nordöstlich von Berlin haben am Freitagnachmittag die Eltern und die Schwester der ermordeten Ulrike Brandt Abschied von dem Kind genommen. "Lassen Sie uns miteinander eintreten, dass die Mitmenschlichkeit und die Ehrfurcht vor dem Leben nicht auf der Strecke bleiben", sagte Seelsorger Martin Appel.

In der Trauerhalle auf dem kleinen Friedhof von Eberswalde nordöstlich von Berlin haben am Freitagnachmittag die Eltern und die Schwester der ermordeten Ulrike Brandt Abschied von dem Kind genommen. "Lassen Sie uns miteinander eintreten, dass die Mitmenschlichkeit und die Ehrfurcht vor dem Leben nicht auf der Strecke bleiben", sagte Seelsorger Martin Appel. Für Ulrike, die die Atmosphäre von Kerzenlicht geliebt hatte, brannten Dutzende Kerzen. "Sie brennen auch für den Schmerz in uns", sagte Appel in seiner Trauerrede, die über Lautsprecher nach außen übertragen wurde. Dort hatten sich rund 300 Menschen versammelt.

Ein Großaufgebot der Polizei schützte die Hinterbliebenen in der Feierhalle und am Grab vor Kameras und Fotoapparaten. Unzählige Einwohner hatten sich auf dem Platz vor dem Friedhofseingang eingefunden. Der Eberswalder Pfarrer erinnerte in seiner Trauerrede an das "lebensfrohe und temperamentvolle" Kind. "Ihr Tod hat auch unser aller Leben ärmer gemacht", sagte Appel. Er forderte dazu auf, dass die Menschen so miteinander leben, dass eine "gewaltsame Beendigung des Lebens keinen Raum mehr hat".

Nach der Beisetzung legten viele von ihnen Blumen und Kränze auf Ulrikes Grab. Auf der Schleife eines Blumengebindes war zu lesen: "Politiker und Richter, sorgt endlich dafür, dass solche Täter nie wieder frei kommen." Niemand schämte sich seiner Tränen. Vor allem Schüler aus Ulrikes Klasse und der Handballmannschaft wurden von Eltern, Lehrern und Trainern getröstet. Kopfschüttelnd gingen die meisten Trauernden - darunter Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) - am Grab und an den wartenden Journalisten vorbei. Aus ganz Deutschland und dem Ausland waren Reporterteams zur Beisetzung in die 60 Kilometer nördlich Berlins gelegenen Stadt gereist.

Als die Trauermusik von Friedhofsgelände herüber drang, wendeten sich Frauen und Männer gleichermaßen ab. Taschentücher wurden hervorgeholt. Wie erstarrt hielt eine Frau die Hände vors Gesicht. Ein Vater drückte ganz fest seine Tochter, umarmte sie und legt seinen Arm um sie. Es hätte jedes Kind treffen können. Vielleicht ist deshalb das Entsetzen über das unfassbare Verbrechen so groß.

Anders als am vergangenen Sonntag zum Trauergottesdienst hielten sich die Eberswalder mit Äußerungen zurück. Ihre Wut über den Täter ist einer gewissen Ohnmacht gewichen. Stumm standen viele vor dem Polizeiwagen mit dem Phantombild des immer noch gesuchten Mannes zwischen 25 und 35 Jahren. "Vielleicht wird der nie gefunden", sagte eine ältere Frau und drehte sich schnell um. "So einer muss doch durch Freunde und Verwandte gedeckt werden", mutmaßte ihre Begleiterin. Anders könne sich doch niemand so lange verstecken oder tarnen.

Selbst Polizisten ließen ihren Tränen freien Lauf. Einige von ihnen hatten zwei Wochen lang das unwegsame Gelände rund um den Flugplatz Finow durchkämmt, waren durch unterirdische Gänge gekrochen oder in alte Höhlen vorgestoßen. Immer hatten sie gehofft, das 12-jährige Mädchen noch lebend zu finden.

Keine 500 Meter liegen zwischen Ulrikes Grab und dem Ausgangspunkt des Unheils. An jener Stelle, an der der unbekannte Autofahrer das Mädchen angefahren und anschließend in seinen Pkw verschleppt hatte, liegen schon seit Tagen Blumen, Briefe, Karten und Plüschtiere. Vor und nach der Trauerfeier kamen noch einmal unzählige Dinge hinzu. Ein großes Schild mit der Frage "Warum?" sagt alles. Ein Mitschüler von Ulrike schrieb diesen Brief: "Du warst eine gute Freundin, mit der man über alles reden konnte. Du warst eine gute Schülerin. Du warst ein hübsches Mädchen. Du warst ein Teil meines Lebens. Und deswegen wollte ich mich bedanken für die Stunden mit Dir."

Die Menschen in Eberswalde, vor allem im Ortsteil Finow, sind seit der Tat enger zusammengerückt. Von Normalität ist nichts zu spüren. Der Mörder läuft immer noch frei herum.

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