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Brandenburg: „Abweisend, gefühlskalt, teilnahmslos“ Plädoyers im Prozess um verhungertes Baby

Frankfurt (Oder) - Im Prozess um den toten Säugling in Frankfurt (Oder), den seine 20 und 21 Jahre alten Eltern verhungern ließen, hat die Staatsanwaltschaft gestern hohe Haftstrafen gefordert: Die Mutter solle für siebeneinhalb Jahre in Jugendhaft, der Vater für zwölfeinhalb Jahre ins Gefängnis. Beiden warf Staatsanwalt Christoph Schüler Mord durch Unterlassen vor.

Frankfurt (Oder) - Im Prozess um den toten Säugling in Frankfurt (Oder), den seine 20 und 21 Jahre alten Eltern verhungern ließen, hat die Staatsanwaltschaft gestern hohe Haftstrafen gefordert: Die Mutter solle für siebeneinhalb Jahre in Jugendhaft, der Vater für zwölfeinhalb Jahre ins Gefängnis. Beiden warf Staatsanwalt Christoph Schüler Mord durch Unterlassen vor. Die beiden Angeklagten zeigten bei dem Plädoyer keine Regung.

Die Mutter Ulrike D. habe grausam gehandelt, weil sie selbst bei den Schreien des Kindes nicht reagierte, sagte der Staatsanwalt. Er beschrieb sie als „abweisend, gefühlskalt und teilnahmslos“. Außerdem liege das Mordmerkmal der niederen Beweggründe vor, da Ulrike D. ihre Interessen wie Haustiere, Computerspiele und Fernsehen über das Wohl ihres Sohnes gestellt habe. Der Vater Manuel D. habe ebenfalls aus niederen Beweggründen und darüber hinaus zur Verdeckung eines Verbrechens gehandelt. Er habe immer behauptet, dass das Kind wachse und gedeihe. Tatsächlich magerte der Junge immer mehr ab, bis er am 13. Februar im Alter von sechs Monaten starb – fast 200 Gramm leichter als bei der Geburt. Als strafmildernd bewertete Schüler, dass es kein „aktives Tun“ gegeben habe.

Rechtsanwalt Matthias Schöneburg beantragte für die Mutter eine Jugendstrafe von nicht mehr als fünf Jahren wegen Totschlags durch Unterlassen. Ihr sei nicht zu unterstellen, dass sie ihren Sohn vorsätzlich gequält und bewusst habe verhungern lassen, sagte er. Auch die Verteidigerin von Manuel D., Kamila Matthies, bestritt den Vorsatz ihres Mandanten und erklärte, dass er eine selektive Wahrnehmungsstörung gehabt habe. Er habe nicht davon ausgehen können, dass Florian sterben würde. Auch Nachbarn und eine Bekannte hätten bis kurz vor dem Tod zwar erkannt, dass Florian abgemagert sei, dies aber nicht für lebensbedrohlich gehalten. Sie forderte, auf Manuel D. ebenfalls das Jugendstrafrecht anzuwenden, was eine maximale Haftstrafe von zehn Jahren bedeuten würde. Das Urteil soll am Freitag verkündet werden.

Schöneburg kündigte gestern außerdem an, dass er in Betracht ziehe, das Frankfurter Jugendamt wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch anzuzeigen – falls der Staatsanwalt nicht von sich aus tätig werde. Wie berichtet hatte Ulrike D. zwischen ihrem 15. und 18. Lebenjahr mit einem 32-jährigen Mann zusammengelebt. Das Jugendamt wusste von der Beziehung und betreute Ulrike D. in dieser Zeit – ließ den Mann in seinem Verhältnis mit der Minderjährigen aber offenbar gewähren. Andreas Wilhelm

Andreas Wilhelm

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