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Brandenburg: Aktiv für die Demokratie

Frank Jansen

Man könnte jetzt die üblichen Klagen anstimmen: Dass Brandenburg die rechtsextreme Landplage nicht los wird und nun auch noch Jürgen Rieger ante portas steht, der Hamburger Neonazi-Anwalt und Immobilienhai. Natürlich wäre eine braune Kaderschmiede in der Prignitz das letzte, was Brandenburg brauchen könnte. Dennoch wirkt der Fall Rieger, so makaber es klingt, auch ermutigend. Denn selten, vielleicht nie zuvor, hat sich in der Mark derart schnell und entschlossen zivilgesellschaftlicher Widerstand geregt. Wann gab es das schon, dass die Landesregierung einen Tag nach den ersten Meldungen über eine rechtsextreme Provokation einen Runden Tisch initiiert, mit den demokratischen Parteien, Verbänden, Vereinen und wer sonst noch im Kampf gegen Neonazis helfen könnte?

Wie sich schon in den vergangenen Jahren bei den Protesten gegen Nazi-Aufmärsche in Halbe und Seelow gezeigt hat, begreifen immer mehr Brandenburger, dass sie für den Schutz der Demokratie aktiv werden müssen. Bei der Abwehr von Riegers Plänen könnte sich sogar wiederholen, was in der niedersächsischen Kleinstadt Delmenhorst geschah: Fünf Monate lang rangen die Einwohner mit Rieger und schafften es, ihn fern zu halten. Der Kauf eines Hotels misslang dem NPD-Funktionär. Vielleicht denkt Rieger, er hätte in der brandenburgischen Provinz weniger Schwierigkeiten zu erwarten. Kann sein, dass er sich täuscht.

Andererseits ist „Delmenhorst“ nur bedingt ein Modell für die Prignitz. Die Bürger der niedersächsischen Stadt und ihre Verwaltung haben tief in die Taschen gegriffen, um Rieger das Hotel vor der Nase wegzukaufen. Damit steigt die Gefahr, dass die Furcht vor Neonazis die Spekulation mit Immobilien anheizt – eindeutig zum Nachteil für die Bevölkerung. Es gewinnt nur der Eigentümer eines Anwesens.

Es ist nicht auszuschließen, dass der hochverschuldete Besitzer des Anwesens in Plattenburg-Kleinow hofft, sich mit der Drohung eines Verkaufs an Rieger sanieren zu können. Ähnlich unbekümmert gibt sich die Geschäftsführerin des Königs Wusterhausener Lokalradios „Sender KW“, die polizeiliche Blitzermeldungen ausgerechnet von dem Unternehmen präsentieren ließ, das reichlich Geld mit dem Verkauf martialischer Textilien der Marke „Thor Steinar“ an Rechtsextremisten verdient. Da verflüchtigt sich der demokratische Anstand im Portemonnaie. Dass es in Königs Wusterhausen einer ehemaligen Landtagsabgeordneten der SPD gehört, zeugt erst recht von Sittenverfall. Warum die Partei diese merkwürdige Genossin noch in ihren Reihen duldet, erstaunt denn auch.

Wer setzt sich nun durch? Die langsam an Kraft gewinnende Zivilgesellschaft in Brandenburg oder die rechte Szene, die in Teilen der Bevölkerung auf Sympathie zählen kann? Der laute Unmut über Rieger und die Radiowerbung für Thor Steinar lässt hoffen, dass die Demokraten gewinnen. Und damit Brandenburg.

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