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Baumblütenfest

© ddp

Alkoholverbot: Eine Stadt geht auf Entzug

Im Brandenburgischen Werder ist jetzt öffentliches Trinken verboten. Nur zum legendären Baumblütenfest gibt’s eine Ausnahme.

Das klingt schon merkwürdig: Ausgerechnet die Stadt Werder, auf deren Straßen und Plätzen jedes Jahr wegen des Baumblütenfestes Ausnahmezustand herrscht, will gegen Alkohol im öffentlichen Straßenland vorgehen. Seit Freitag ist eine Verordnung in Kraft, die es verbietet, an elf verschiedenen Punkten der Stadt Alkohol zu trinken.

Und schon Ende des Monats wird diese Verordnung kurzfristig wieder außer Kraft gesetzt. Am 26. April startet für neun Tage das Baumblütenfest. Eine halbe Million Besucher werden erwartet. Die Stadt ist berühmt dafür, dass dann für neun Tage allerorten der Obstwein in rauen Mengen konsumiert wird.

Am Plantagenplatz, einer der benannten Problemzonen im Zentrum Werders haben sich ein paar Männer versammelt. Bierflaschen stehen auf der Bank. „Die Verordnung ist doch Quatsch“, sagt einer von ihnen. „Wir trinken hier nur in Ruhe unser Bierchen.“ Die Jugndlichen hingegen sollten „die mal drannehmen“, meint der Mann. Die würden hier nachmittags sitzen, ihre Mixgetränke schlürfen und dann mit Flaschen werfen.

Das bestätigt auch Erika Franke, eine Anwohnerin. „Die älteren Männer benehmen sich doch anständig“, sagt die 85-jährige Rentnerin, die nach eigenem Bekunden gänzlich gegen Alkohol ist und am liebsten das Baumblütenfest verbieten würde. Es mache einfach einen schlechten Eindruck, wenn die Leute mit Bierflaschen rumlungern.

Mit der Verordnung ist Werder/Havel in die Fußstapfen anderer märkischer Orte getreten. So darf zum Beispiel in Neustadt/Dosse (Ostprignitz-Ruppin), in Trebbin (Teltow-Fläming), Kloster Lehnin (Potsdam-Mittelmark) und Cottbus nicht mehr überall auf der Straße gebechert werden. „Wir beschäftigen uns seit etwa einem Jahr mit dem Thema“, sagt Hartmut Schröder, der Vizebürgermeister von Werder. Seit etwa einem Jahr, sagt er, nehmen auch die Beschwerden im Rathaus zu. Das problematische Publikum am Plantagenplatz werde immer jünger. „Zum Schluss kamen auch schon welche mit dem Handwagen voller Bier“, sagt Schröder. Auch die Stimmung werde zunehmend aggressiver. Von der Polizei habe er erfahren, dass es neuerdings häufiger zu Prügeleien komme. Und für ortsansässige Gastronomen ist die Pichelei ebenfalls zum Problem geworden. Die Trinker hätten ihre Notdurft überall auf dem Platz verrichtet.

Vor allem wegen der Jüngsten aber sei der Beschluss gefasst worden, sagt Schröder. Als Präventionsmaßnahme. Im Umkreis von 250 Metern des Plantagenplatzes befinden sich Hort, Kindergarten, Grund- und Oberschule. „Mindestens 1000 Kinder gehen da täglich vorbei“, sagt Schröder. Außerdem ist der Platz ein Umsteigebahnhof für Busse. Auch viele Touristen von außerhalb gewännen dort ihren ersten Eindruck von der Stadt.

Das Ordnungsamt will Schröder zufolge noch nicht mit Geldstrafen gegen öffentliche Saufereien vorgehen, sondern vorerst nur Schilder aufstellen, die auf das Verbot hinweisen. Außerdem werden seit Freitag „Aufklärungs- und Ermahnungsgespräche“ geführt. Später sollen unbelehrbaren Trinkern Verwarngelder in Höhe zwischen 20 und 35 Euro drohen.

Zum Baumblütenfest in knapp zwei Wochen werde die Verordnung temporär aufgehoben, sagt Schöder. Das eine habe aber mit dem anderen nichts zu tun, sagt er. „Wir sind weder Saufstadt noch Alkoholverbots-Zone.“

Andreas Wilhelm

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