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Brandenburg: Anfälligkeit für rechte Parolen weiter hoch

Unterschied zwischen Brandenburg und Nordrhein-WestfalenVON THORSTEN METZNER POTSDAM.Jugendliche in Brandenburg sind anfälliger für rechtsextremistische und antisemitische Parolen als ihre Altersgenossen in Nordrhein-Westfalen.

Unterschied zwischen Brandenburg und Nordrhein-WestfalenVON THORSTEN METZNER POTSDAM.Jugendliche in Brandenburg sind anfälliger für rechtsextremistische und antisemitische Parolen als ihre Altersgenossen in Nordrhein-Westfalen.Obwohl Straftaten mit fremdenfeindlichem Hintergrund weiterhin steigen, ist die Ausländerfeindlichkeit unter jungen Brandenburgern jedoch insgesamt rückläufig.Sie blicken sogar - im Gegensatz zur kürzlich vorgestellten Shell-Studie - mit großer Mehrheit durchaus optimistisch in die Zukunft.Das sind Ergebnisse aus zwei aktuellen und repräsentativen Studien des Instituts für angewandte Jugendforschung an der Universität Potsdam, die am Donnerstag vorgestellt worden waren. "Wir wollen mit unseren differenzierten Studien helfen, Klischees auszuräumen", sagte Dietmar Sturzbecher, der Direktor des Institutes.Tatsächlich liefern die beiden Studien "Jugend in Brandenburg 1996" (2683 Befragte) und "Antisemitismus in Brandenburg und Nordrhein-Westfalen 1996" (rund 5000 Befragte in beiden Ländern) bemerkenswerte Einblicke in die Lebens- und Freizeitwelt und Einstellungen der ostdeutschen Jugend.Die Ergebnisse sind politisch brisant: Aus der Antisemitismus-Studie geht unter anderem hervor, daß immerhin jeder dritte Jugendliche in Brandenburg massive antijüdische Vorurteile äußert - in Nordrhein-Westfalen ist es jeder zehnte.Die Forscher fanden heraus, daß Brandenburgs Jugend deutlich geringere Kenntnisse über die jüdische Religion und den Staat Israel besitzt als ihr westdeutsches Pendant, wobei sie die Ursache im Nachwirken von DDR-Tabuisierungen vermuten. Ein ähnliches Bild bietet sich bei politischen Einstellungen: Jeder dritte Brandenburger Jugendliche (31 Prozent) neigt zu rechtsextremen Einstellungen, kann sich mit Sätzen wie "Deutschland braucht wieder einen starken Führer" identifizieren - in Nordrhein-Westfalen ist es jeder fünfte.Sturzbecher wies darauf hin, daß laut Studie rechtsextreme Gewalttäter - entgegen vielen Vorurteilen - eher aus besseren Verhältnissen stammen, kaum unter Schulstreß leiden, selbstbewußt sind und ihre berufliche Zukunft durchaus positiv sehen. Insgesamt hat der Rechtsextremismus unter Brandenburger Jugendlichen laut Studie jedoch spürbar abgenommen, wobei zugleich die Gewaltbereitschaft leicht gewachsen ist - so der Vergleich gegenüber 1993.Heute sind in Brandenburg drei Prozent der Jugendlichen "hochgradig" gewaltbereit.Als "überraschendstes Ergebnis" wertete Sturzbecher, daß für märkische Jugendliche gegenüber 1993 der Stellenwert von solidarischen Wertorientierungen wie "Für andere dasein" deutlich zugenommen hat. Ebenso beachtlich sei, daß immerhin 80 Prozent der Brandenburger Jugendlichen für sich eine gesicherte Zukunft sehen."Dieser Optimismus ist ein Pfund für die Zukunft", sagte er.Selbst die Arbeitslosigkeit von Eltern werde heute "in wesentlich geringerem Maße" als belastend empfunden als noch 1993.Allerdings kommt die Studie durchaus zu dem Schluß, daß sich besonders bei unsicheren beruflichen Verhältnissen im Elternhaus die Jugendlichen vernachlässigt fühlen.Laut Studie ist die Schulmotivation in Brandenburg nämlich spürbar gesunken: "Die Kinder der Verunsicherten suchen eher den schnellen Job". Die Studie "Jugend in Brandenburg 1996" erscheint demnächst im Buchhandel.Die Antisemitismus-Studie ist im Institut (Tel: 03304/397010) erhältlich.

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