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Brandenburg: Ankläger verprügelt: Milde Strafe

Überraschung im Frankfurter Amtsgericht: Nach einem unerwartet milden Plädoyer des Anklägers ist der 27-jährige André J. für den Angriff auf einen Staatsanwalt gestern nur zu zwei Monaten auf Bewährung verurteilt worden.

Von Frank Jansen

Überraschung im Frankfurter Amtsgericht: Nach einem unerwartet milden Plädoyer des Anklägers ist der 27-jährige André J. für den Angriff auf einen Staatsanwalt gestern nur zu zwei Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Laut Richterin Martina Koch ist zwar erwiesen, dass der Maurer in der Nacht zum 3. November in Frankfurt mit dem Ruf "Scheiß Staatsanwalt" sein Opfer Michael N. beleidigt und mit mehreren Fausthieben im Gesicht verletzt hatte. Nach Ansicht von Koch ist auch das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung durch die Tat "in erheblichem Maße eingeschränkt worden". Doch hielt die Richterin dem Angeklagten zugute, er sei nicht vorbestraft und teilweise geständig.

In Justizkreisen war erwartet worden, André J. müsse für den Überfall auf den Staatsanwalt mit einer Haftstrafe von einem Jahr ohne Bewährung büßen. Außerdem hatte die Frankfurter Staatsanwaltschaft ein beschleunigtes Verfahren gegen den Täter durchgesetzt - in der Hoffnung auf einen abschreckenden Effekt. Allerdings verzichtete schon der prominente Vertreter der Anklage auf eine harte Gangart. Ewald Bröhmer, Stellvertreter des Generalstaatsanwalts von Brandenburg, sprach in seinem Plädoyer von einer "ungeheuren Unverschämtheit" und "erheblichen Gefahr", konnte aber in den Faustschlägen gegen Michael N. keinen Angriff auf die staatliche Autorität erkennen. Bröhmer nahm den kurzgeschorenen Angeklagten auch gegen Vorwürfe in Schutz, die Tat sei Ausdruck einer rechtsextremistischen Gesinnung. André J. habe sich nur in seiner "zarten Jugend" in der Nähe von Kreisen bewegt, "die man als rechtsextrem bezeichnen könnte", sagte Bröhmer.

Ein Motiv für den Angriff auf Staatsanwalt Michael N. konnte Bröhmer aber genauso wenig nennen wie Amtsrichterin Koch. Dass N. in den vergangenen Jahren an hunderten Verfahren gegen Rechtsextremisten beteiligt war, kam im Prozess nicht zur Sprache. Die vierköpfige Clique um André J., zur Befragung geladen, trug auch nichts zur Motivsuche bei. Der Verteidiger von André J. präsentierte hingegen die Theorie, sein Mandant habe vermutet, der Staatsanwalt wollte ihn mit einer Pistole angreifen. Die vermeintliche "Putativnotwehr" hielt die Richterin allerdings für abwegig - wie auch die Forderung nach einem Freispruch.

Der Angeklagte folgte dem Prozess meist ohne erkennbare Regung. Obwohl Staatsanwalt Michael N. als Zeuge auftrat, nutzte André J. die Gelegenheit nicht, sich zu entschuldigen. Sein Verteidiger erklärte nach dem Urteilsspruch, "das haben wir einfach vergessen".

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