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Brandenburg: Anklage vor Blamage bewahrt

Verfahren gegen Neonazis wegen Fortführung der "Deutschen Alternative" eingestellt VON SIMONE WENDLER UND FRANK JANSEN Potsdam.Der Prozeß gegen fünf Rechtsextremisten, die die verbotene "Deutsche Alternative" (DA) weitergeführt haben sollen, dauerte nur sieben Stunden.

Von Frank Jansen

Verfahren gegen Neonazis wegen Fortführung der "Deutschen Alternative" eingestellt VON SIMONE WENDLER UND FRANK JANSEN

Potsdam.Der Prozeß gegen fünf Rechtsextremisten, die die verbotene "Deutsche Alternative" (DA) weitergeführt haben sollen, dauerte nur sieben Stunden.Die Staatsschutzkammer des Landgerichts Potsdam unter Vorsitz von Richter Horst Barteldes stellte das Verfahren gegen Andreas S., Frank M.und Frank R.vorläufig ein.Sie müssen lediglich Geldbußen zwischen 200 und 500 Mark zahlen.Enrico P.hat 40 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten.Gegen den fünften Angeklagten, Andreas R., wurde das Verfahren "wegen Geringfügigkeit" im Verhältnis zu anderen Delikten ebenfalls vorläufig eingestellt.Die Angeklagten hatten sich laut Staatsanwaltschaft 1993 bei "Geburtstagsfeiern" versammelt, unter anderem zum 60.Jahrestag der Machtergreifung von Adolf Hitler. Die rasche Einstellung des Verfahrens steht in Kontrast zur langen Vorgeschichte.Schon vor fast zwei Jahren hatte die Cottbuser Staatsanwaltschaft ihre Anklage beim Landgericht Potsdam eingereicht.Doch das schnelle Ende bewahrte Anklagevertreter Günter Oehme möglicherweise vor einer Blamage.Die vorgetragenen Beweise gegen die Beschuldigten, zum Teil Führungsfiguren der Neonazi-Szene, waren eher dünn.Die Staatsanwaltschaft konnte beispielsweise keine Mitgliederlisten der DA präsentieren.Insofern war auch schwer nachzuweisen, daß die Teilnehmer der "Geburtstagsfeiern" tatsächlich als Angehörige der Deutschen Alternative zu gelten hatten. Daß der 60.Jahrestag der Machtergreifung Adolf Hitlers Anlaß eines Treffen von Rechtsradikalen am 30.Januar 1993 in der Gaststätte "Zur Klause" in Lauchhammer war, räumte Enrico P., damals 19 Jahre alt, ein.An der Organisation des Treffens wollte er jedoch nicht beteiligt gewesen sein.P.gehörte 1993 einer "Kameradschaft Lauchhammer" an, in der man sich wegen gemeinsamer "nationaldemokratischer Gesinnung" traf, wie er dem Gericht berichtete.Er gab auch zu, an etwa einem halben Dutzend Veranstaltungen der DA teilgenommen zu haben.Doch bei Haussuchungen nach dem Verbot der etwa 300 Mitglieder zählenden Gruppierung wurden keine Mitgliederlisten gefunden.Bei den zwei Treffen, auf die sich die Anklage bezog, konnten auch nur braune Liederbücher und Rudolf-Heß-Plakate sichergestellt werden. Zwei der Angeklagten sind als Rädelsführer der braunen Szene bekannt.Der 28jährige Andreas S.ist stellvertretender Bundesvorsitzender der "Jungen Nationaldemokraten" und führt in Berlin eine "Kameradschaft Marzahn".Frank R., 31 Jahre alt, gibt seit Jahren als deutschtümelnder Liedermacher "Konzerte", seine Songs stehen zum Teil auf dem Index.Während sich die beiden und Frank M.in den Verhandlungspausen ausgelassen unterhielten, würdigten sie den fünften Angeklagten, Andreas R., keines Blickes.Dieser kam in Begleitung von Personenschützern zum Prozeß und wurde in jeder Pause sofort wieder aus dem Saal gebracht.Er gilt bei den Rechtsextremisten als Verräter.Im Februar bezichtigte er den ehemaligen DA-Chef Frank Hübner aus Cottbus, ihn zu einem privat motivierten Auftragsmord angestiftet zu haben.Möglicherweise war Andreas R., angeblich ehemals "Geschäftsführer" der DA, auch für den Verfassungsschutz tätig. Ein weitere Prozeß wegen Fortführung der DA schleppt sich vor dem Landgericht Koblenz hin.Bei zehn Angeklagten hat die Staatsanwaltschaft auf Freispruch plädiert.Zwei weitere sollen sieben Monate Haft und 2000 Mark Geldstrafe erhalten, der 13.Angeklagte neun Monate.

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