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Brandenburg: Anzeige gegen Anzeige in der E-Mail-Affäre

Brandenburgs CDU zieht gegen Vorwürfe vor Gericht Doch intern steigt der Druck auf Generalsekretär

Potsdam - Die E-Mail-Affäre in Brandenburgs CDU spitzt sich zu: Am Montag erstattete der Internet-Unternehmer Daniel Schoenland Strafanzeige gegen CDU-Generalsekretär Sven Petke und Landesgeschäftsführer Rico Nelte wegen Ausspähens von Daten und Verletzung von Privatgeheimnissen. Zugleich ließ Schoenland der Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben Material übergeben, das seine Vorwürfe beweisen soll.

Umgekehrt stellte auch die CDU Strafantrag gegen Schoenland wegen Verdachts der Verleumdung, übler Nachrede, Nötigung und Fälschung technischer Aufzeichnungen. Parallel setzte die CDU beim Potsdamer Landgericht eine einstweilige Anordnung durch, nach der Schoenland bei Androhung eines Strafgeldes von bis zu 250 000 Euro seine Vorwürfe nicht wiederholen darf, dass Petke und Nelte den E-Mail-Verkehr der Vorstandsmitglieder und Minister der CDU überwacht und bestimmte E-Mails nicht an diese weitergeleitet hätten.

Neben den Strafanzeigen muss die Staatsanwaltschaft auch gegenseitige Vorwürfe gefälschter E-Mails klären: In einer von Schoenland präsentierten Version hat Nelte bei ihm nach einem „Überwachungsprogramm“ gefragt. In Neltes Version ist dagegen von einem „Statistik-Programm“ die Rede. Beide legten gestern eidesstattliche Erklärungen vor, wonach sie keine Mail gefälscht haben.

„Man will mich mundtot machen“, sagte Schoenland zu der einstweiligen Anordnung gegen ihn. Zur Pressekonferenz in einem Potsdamer Hotel erschien er mit zwei Bodyguards. „Ich habe auf dem Mobiltelefon Morddrohungen erhalten.“ Schoenland nahm keine seiner bisherigen Anschuldigungen zurück – er erhob sogar neue Vorwürfe: Petke habe ihn beauftragt, regelmäßig das Nutzungsverhalten der Abonnenten der CDU-Internet-Zeitung zu analysieren, die an mehrere tausend Parteimitglieder, aber auch andere Interessierte und Journalisten verschickt wird. Danach konnte die CDU- Zentrale nachvollziehen, welcher Leser welchen Artikel wie oft angeklickt hat. „Ohne Hinweis und ohne Wissen der Empfänger“, kritisierte Schoenland.

Petke bestätigte diese Praxis im Kern. Sie sei legal. Er habe aber nie gezielt untersuchen lassen, wie einzelne Personen, etwa Journalisten, die Zeitung genutzt hätten. Nach Angaben von Schoenland waren auch CDU-Bundespolitiker wie Kanzlerin Angela Merkel und Generalsekretär Ronald Pofalla im Verteiler der Zeitung. Normal sei, dass man registriere, wie oft eine Seite angeklickt werde. „Hier konnte man die Personen identifizieren.“

Auch in einem anderen Punkt gerät Petke in Erklärungsnot: Er hatte wiederholt behauptet, dass die Praxis im E-Mail-Verkehr der Brandenburger CDU – elektronische Post an Namensadressen von Ministern landet im Sammelbriefkasten und wird dann weitergeleitet – üblich sei. Nach Tagesspiegel-Recherchen trifft das nicht zu. So erklärte der Berliner CDU-Landesgeschäftsführer Dirk Reitze, dass es in Berlin keine politischen Mandatsträger gebe, die ihren E-Mail-Verkehr über die Landesgeschäftsstelle abwickeln. „Die Berliner CDU hat eine zentrale Mail-Adresse.“ Ähnlich ist es in den meisten Bundesländern. In Sachsen-Anhalt gibt es nach dortigen Angaben zwar ein paar Landesvorständler, die ein Postfach bei der CDU-Zentrale haben. „Aber diese E-Mails werden automatisch an persönliche Mail-Adressen weitergeleitet“, so die dortige Geschäftsstelle.

Petke räumte am Montag ein, dass „wir eine generelle Diskussion führen müssen, wie wir mit Daten umgehen.“ Der Vize- Chef der Landespartei und Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns, der die Vorwürfe überprüfen soll, kündigte eine Veränderung des bisherigen Verfahrens an: „Dass persönliche Mails im Sammelbriefkasten landen, wird es nicht mehr geben.“

CDU-intern wächst derweil der Druck auf Petke, sein Amt bis zur Klärung der Vorwürfe ruhen zu lassen. Neben Junge-Union-Chef Sebastian Schütze fordern dies die beiden CDU-Ministerinnen Johanna Wanka (Kultur) und Beate Blechinger (Justiz). Gestern schloss sich der Prignitzer CDU-Landrat Helmut Lange an. Es sei ein untragbarer Zustand, dass die Brandenburger CDU täglich in Negativ-Schlagzeilen gerate. Ein Generalsekretär müsse integrieren und Vertrauen aufbauen, „Herr Petke macht das Gegenteil“.

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