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Arbeitsmarkt-Studie: Brandenburger Berufspendler kennen fast nur ein Ziel

Ein Forschungsbericht belegt: Die Brandenburger sind Meister im Berufspendeln. Selbst aus den hauptstadtfernen Regionen fahren die Brandenburger zur Arbeit nach Berlin.

Von Matthias Matern

Nirgendwo in Deutschland liegt der Anteil der Menschen höher, die auf dem Weg zur Arbeit in ein anderes Bundesland fahren: 28,4 Prozent der sozialversicherten Beschäftigten. Der „Vizemeister“ Schleswig-Holstein kommt auf 21,3 Prozent. Dies geht aus dem aktuellen Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hervor, der am Donnerstag in Potsdam vorgestellt wurde. 71 Prozent aller brandenburgischen Pendler fahren nach Berlin. Allerdings arbeiten auch die Hälfte der Berliner, die täglich ihre Stadt auf dem Weg zur Arbeit verlassen, in Brandenburg – vorzugsweise in der Landeshauptstadt Potsdam.

Der Pendlersaldo beider Städte zueinander ist beinahe ausgeglichen. Für Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) ein Phänomen, das aber eine Ausnahme bleiben wird. „Potsdam und Berlin sind die beiden Top-Standorte in der Haupstadtregion.“ Dabei besitze die Landeshauptstadt wegen der zahlreichen Forschungsstandorte, der ausgeprägten Medienbranche und der großen Zahl von Landes- und Bundesbehörden eine „hohe Strahlkraft“. Berlin dagegen habe sich wirtschaftlich zuletzt relativ gut entwickelt, sagt der Experte. „Dort entstehen auch Arbeitsplätze für Brandenburger.“ Nicht zuletzt werden die Pendlerströme nach Berlin auch von ehemaligen Berlinern geprägt, die aus der Stadt ins Umland gezogen sind, ihren Arbeitsplatz aber beibehalten haben.

Für das Pendlerverhalten in der Region spielen dabei Abwanderung und Zuzug eine wichtige Rolle. Von 1995 bis 2008 ist die Bevölkerungszahl im gesamten Land Brandenburg von 2,54 auf 2,52 Millionen zurückgegangen. Durch den erheblichen Zuzug in den ersten zehn Jahren nach der Wende ergibt sich trotz dieses Rückgangs ein positiver Wanderungssaldo von 114 000 Personen. Vom Zuzug haben allerdings fast ausschließlich die berlinnahen Regionen profitiert. Während der sogenannte äußere Verflechtungsraum in der Periode 11 8 000 Einwohner verlor, verzeichnete der Berliner Speckgürtel einen Zuwachs von 231 000 Personen. Rund 70 Prozent aller Zuzüge waren Wohnortwechsel von Berlin ins nahe Umland. Ziele waren vor allem Gemeinden mit einem guten S-Bahn- und Regionalbahnanschluss. Dieser Trend hat sich zuletzt aber abgeschwächt.

Sowohl Brandenburg als auch Berlin hatten nach der Wende schwere Verluste von Arbeitsplätzen zu verkraften. Noch im vergangenen Jahr lag die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Stellen in Brandenburg 19 Prozent unter dem Wert von Mitte der 90er Jahre, stieg aber bereits im vierten Jahr in Folge. Von dem Rückgang waren auch hier vor allem die berlinfernen Regionen betroffen: Von 1995 bis 2005 ging die Zahl der Arbeitsplätze in den Randregionen um 31 Prozent zurück, im Speckgürtel dagegen nur um acht Prozent. In Berlin nahm die Beschäftigung insgesamt um zwölf Prozent ab. Der Aufschwung seit 2006 hat sich vor allem auf dem Berliner Arbeitsmarkt bemerkbar gemacht. Bei der Beschäftigungsentwicklung konnte die Stadt deutlich stärker zulegen als Brandenburg. Während die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze dort nur um 0,1 Prozent stieg, verzeichnete Berlin einen Zuwachs von 2,3 Prozent.

2009 arbeiteten 71 Prozent aller Brandenburger Pendler in Berlin, insgesamt waren es 177 000 Menschen. Gegenüber 1995 bedeutet dies eine Steigerung von 87 Prozent. Fast 150 000 Pendler stammten aus den brandenburgischen Umlandgemeinden. Aus Potsdam kamen 13 000 Pendler, aus Oranienburg 5000, aus Falkensee 8000 und aus Kleinmachnow 3000. Aus den berlinfernen Gebieten fuhren 28 000 Berufstätige zur Arbeit nach Berlin – zwei Drittel mehr als noch Mitte der 90er.

Knapp 70 000 Berliner pendelten 2009 zur Arbeit ins Land Brandenburg, ein Anstieg von 27 000 Personen gegenüber 1995. Rund 8000 davon waren in die Randregionen unterwegs; 1995 waren es weniger als 5000. Für den weitaus größten Teil führte der Weg zum Arbeitsplatz ins nahe Umland, insbesondere nach Potsdam (13 000). Nach Hennigsdorf im Kreis Oberhavel, das als traditionsreicher Industriestandort des Schienenfahrzeugbaus gilt, waren es 2400, nach Ludwigsfelde im Kreis Teltow-Fläming, Standort von Mercedes-Benz, Rolls Royce und Volkswagen, fuhren 1700. Schönefeld (Dahme-Spreewald) mit der Baustelle des Großflughafens BBI zog 5600 Berufstätige an. Ins weiter entfernte Frankfurt (Oder) mussten 900, nach Cottbus und Brandenburg/Havel jeweils 600 Beschäftigte.

Im vergangenen Jahr pendelten 44 000 Personen aus den Rand in die berlinnahen Gebiete Brandenburgs, eine Steigerung von 13,2 Prozent gegenüber 1995. Das wichtigste Ziel für Einpendler war Potsdam (9100), gefolgt von Fürstenwalde (4400) und Oranienburg (2500). Vom Berliner Umland in die brandenburgischen Randregionen pendelten knapp 20 000 Menschen und damit gut 5000 mehr als im Jahr 1995.

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