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Die Blasenkirsche (Physalis) wurde früher gegen Harnwegserkrankungen eingesetzt. Aus dem „Wiener Dioskurides, fol. 359 verso“.

© Abbildung: Wikipedia

Archäotechnica in Brandenburg: Flachs im hohlen Zahn

Der „Medicus Romanus“ zeigt römische Heilmethoden im Landesmuseum Brandenburg.

Nutzpflanzen wurden nicht nur verspeist, sie lieferten auch den Rohstoff zum Färben oder die Fasern zum Weben oder Knüpfen. Eine besondere Rolle spielten Nutzpflanzen aber in der Medizin, vor allem zur Zeit der Römer. Dabei basiert die römische Medizin, wie sie seinerzeit auch in unseren Breiten praktiziert wurde, auf Erkenntnissen der Griechen, die von den Römern unterworfen wurden. Insofern müsste man eigentlich von griechischer Medizin sprechen.

Über die medizinischen Praktiken der römischen Zeit wissen wir viel, weil die Quellenlage eine ganz andere ist als beispielsweise in der Jungsteinzeit. Auf der Archäotechnica wird der „Medicus Romanus“ verschiedene Heilmittel und Methoden der römischen Ärzte vorstellen.

Eine wichtige Rolle spielten Pflanzen als Schmerzmittel, da es Narkosen im heutigen Sinne nicht gab. Aber ein wenig Linderung bei Operationen, Zahnschmerzen oder Verletzungen ist immerhin besser als gar nichts. So erwähnt der berühmte Arzt Cornelius Celsus, der erstmals vor 2000 Jahren in acht Büchern alle damals bekannten Heilverfahren aufschrieb, sogenannte Mohnsafttränen. Es handelte sich dabei um Rohopium. Auch das Bilsenkraut wurde in römischer Zeit als psychoaktive Droge genutzt.

Ein Stück Leinen diente als Zahnbürste

In der römischen Zahnmedizin war man nicht gerade zimperlich. Wenn die Zähne sich lockerten, berührte man kurz mit einem heißen Eisen das Zahnfleisch, um es wieder zu festigen. Vergleichsweise harmlos erscheinen da die vorgeschlagenen Mittel gegen Zahnschmerzen: Hier sollte der Patient mit einer Mischung aus Opium, Pfeffer und anderen Substanzen kräftig den Mund ausspülen, die Mixtur aber keinesfalls schlucken. Bei Geschwüren des Zahnfleisches wurde das Einreiben mit Salz empfohlen – dazu unverdünnter Wein. Das war natürlich keine Medizin für jedermann, sondern nur für die Oberschicht, die es sich leisten konnte.

Wer einen hohlen Zahn hatte, konnte ihn mit eingelegtem Flachs stabilisieren. Musste der Zahn gezogen werden, stopfte man eine Efeubeere und ein Pfefferkorn in den hohlen Zahn, um ihn zu spalten. So konnte er anschließend leichter entfernt werden.

Auch der vorbeugenden Zahnpflege widmeten sich die Römer. Aus Roggenmehl und Steinsalz wurde mit etwas Essig ein Teig gerührt, aus dem man Kugeln formte, die bei großer Hitze verkohlten. Diese leichten Kugeln wurden zerstoßen und als Zahnpulver genutzt. Das Pulver wurde dann mit Baldrian gemischt. Ein Stück Leinen diente als Zahnbürste. Ein anderes Rezept schwört auf Kohle von verschiedenen Pflanzen, verbranntes Hirschhorn, Salz, Alaun und Glas in Puderform. Für den Geschmack wurden wohlriechende Pflanzen hinzugefügt.

Tipps zur Sonderausstellung "Neu ist nur das Wort"

Die Blasenkirsche (Physalis) wurde früher gegen Harnwegserkrankungen eingesetzt. Aus dem „Wiener Dioskurides, fol. 359 verso“.
Die Blasenkirsche (Physalis) wurde früher gegen Harnwegserkrankungen eingesetzt. Aus dem „Wiener Dioskurides, fol. 359 verso“.

© Abbildung: Wikipedia

Das Archäologische Landesmuseum Brandenburg zeigt noch bis zum 11. Oktober aus Anlass der Buga 2015 die Sonderausstellung „Neu ist nur das Wort: Globalisierungen bei Nutzpflanzen von der Vorgeschichte bis in die Neuzeit“.

Damit ist der Schwerpunkt für die diesjährige Archäotechnica gesetzt: „Die Kulturgeschichte der Nutzpflanzen“; 22./23. August, 10–17 Uhr. Eintritt: fünf Euro, erm. 3,50 Euro, Familien zehn Euro (Kinder unter zehn Jahren frei). Archäologen und andere Experten zeigen die Anwendung von Nutzpflanzen. Im vergangenen Jahr ging es um alte Handwerkstechniken.

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