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Atomkraft: Polen ziehen Kernkraftwerke an der Oder in Betracht

Polnische Wissenschaftler werben öffentlich für Atomkraftwerke an der unteren Oder. Das Land Brandenburg weiß bisher noch nichts davon. Umweltminister Woidke äußert sich kritisch.

Die deutsche Seite lehnt polnische Überlegungen zum Bau eines Atomkraftwerks (AKW) an der Oder ab. Dem Land Brandenburg lägen bisher keine Informationen oder gar Anträge dazu vor, sagte der Potsdamer Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) am Freitag. Brandenburg bekenne sich "voll und ganz zum deutschen Weg des Ausstiegs aus der Atomenergie". Auch der Verein der Freunde des Nationalparks Unteres Odertal, die Grünen und die Linkspartei lehnen einen entsprechenden polnischen Vorstoß ab.

Sie reagierten damit auf einen Bericht, wonach Wissenschaftler aus Szczecin (Stettin) die bei Schwedt gelegene Stadt Gryfino an der Oder als Standort für ein AKW vorschlugen. Dafür spräche, dass sich dort Synergieeffekte mit dem seit 1974 vorhandenen Kohlekraftwerk erzielen ließen, sagte der Kernphysik-Professor Konrad Czerski. Er habe mit weiteren Wissenschaftlern ein Argumentationspapier vorbereitet, mit dem die Wojewodschaft Westpommern bei der Warschauer Regierung um die Ansiedlung werben soll. Polen plant bis zum Jahr 2020 den Bau von ein bis zwei Kernkraftwerken.

Brandenburg will "Interessen seiner Bürger" wahrnehmen

Sollte es zu entsprechenden Planungen insbesondere im grenznahen Raum kommen, gehe Brandenburg davon aus, frühzeitig in die vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren einbezogen zu werden, sagte Woidke. Damit wolle das Land "berechtigte Interessen seiner Bürger" wahrnehmen. "In Polen gibt es wie in Deutschland eine Atomlobby, die seit Jahren den Bau von AKW fordert", fügte er an.

"Der Standort, der hier in die Diskussion gebracht worden ist, würde den deutsch-polnischen Nationalpark Unteres Odertal massiv belasten", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Nationalpark-Fördervereins, Ansgar Vössing. Neben der Radioaktivität gebe es ein "enormes Abwärmeproblem", das zu einer weiteren Aufheizung der Ostoder führen würde. Das Hauptproblem sei aber die Endlagerung. "Der Neubau von Kernkraftwerken ist unvertretbar, solange es keine gesicherten Endlagerungsstätten für den Atommüll für Zehntausende Jahre gibt", sagte Vössing.

Jörg Schreiber[ddp]

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