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Brandenburg: Auf der Suche nach Antworten

Regierung und Opposition warnen vor Vorverurteilungen – aber die Diskussion um die Betreuung von Familien beginnt

Potsdam/Frankfurt (Oder) - Am Tag nach der Entdeckung von neun Babyleichen in Brieskow-Finkenheerd hat in Brandenburg eine Diskussion über mögliche Lücken im Versorgungsangebot begonnen. Auf der Sitzung der Landesregierung ließ sich Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) von Innenminister Jörg Schönbohm und Justizministerin Beate Blechinger (CDU) über den Stand der Ermittlungen berichten. Gleichzeitig veranlasste Platzeck, dass auch das für Jugend zuständige Bildungsministerium und das Sozialministerium Experten vor Ort schickten. „Sie kümmern sich um die Familie und unterstützen die örtlichen Behörden“, sagte Platzeck in Potsdam. Er warnte aber vor „Vorverurteilungen“. Vieles sei bei dem Fall noch ungeklärt. Es wäre nicht angemessen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt über Versäumnisse von Behörden zu spekulieren. Der Regierungschef zeigte sich erschüttert über die Kindstötung, die jede Vorstellungskraft übersteige. Er persönlich könne sich kein anderes Motiv als ein „Krankheitsbild“ vorstellen.

Von einem „unfassbaren Verbrechen“, sprach auch die Fraktionschefin der Linkspartei/PDS, Dagmar Enkelmann. Sie sehe bislang keinen Grund zur Kritik an Behörden. Doch sei es ein Problem, dass es im sozialen Netz Brandenburgs in Folge der Sparpolitik von Land und Kommunen „inzwischen Lücken gibt“. Man müsse fragen, ob es für Familien in Notlagen genügend Ansprechpartner gebe. So habe im Landkreis Barnim die Arbeiterwohlfahrt vor kurzem die Schwangerenberatung schließen müssen.

Enkelmann erinnerte an die umfassende Betreuung von jungen Müttern zu DDR-Zeiten. „Es gab ein Angebot auch nach der Geburt, das überforderten jungen Müttern helfen konnte“, sagte die Fraktionschefin der Linkspartei. Enkelmann sprach sich dafür aus, künftig „Impfungen und Regeluntersuchungen für alle Kinder zur Pflicht zu machen.“ Neben den gesundheitspolitischen Vorteilen gäbe es dadurch auch bessere Chancen, rechtzeitig Hinweise auf Verwahrlosungen von Elternhäuser zu erhalten.

Die Forderung nach Pflicht-Vorsorgeuntersuchungen für Kinder erhoben auch die Innenpolitiker der Berliner CDU, Frank Henkel und Peter Trapp. „Sie geben die Möglichkeit, frühzeitig einzuschreiten.“ Zudem sollte es einen engeren Datenabgleich zwischen Ärzten, Krankenkassen und Jugendämtern geben.

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