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Brandenburg: Auf der Suche nach Paulines Mutter Der Zustand des ausgesetzten Mädchens ist stabil – obwohl es acht Wochen zu früh geboren wurde

Von Sandra Dassler Brandenburg (Havel). Die Krankenschwestern haben das kleine Mädchen Pauline genannt.

Von Sandra Dassler

Brandenburg (Havel). Die Krankenschwestern haben das kleine Mädchen Pauline genannt. Und es sofort ins Herz geschlossen. Pauline ist ein lebhaftes und aktives Kind, das schreit, wenn es Hunger hat und schläft, wenn es sich zufrieden fühlt. „Wenn alles gut geht, können wir die Kleine in sechs bis acht Wochen nach Hause entlassen“, sagt Kinderklinik-Chefarzt Hans Kössel. Und setzt seufzend hinzu: „Unabhängig davon, wo dieses Zuhause sein wird.“

Nach der Familie beziehungsweise nach der Mutter des kleinen Mädchen sucht die Polizei. Gestern haben die Beamten auf dem Roller-Markt in Brandenburg Flugblätter an Kunden und Beschäftigte verteilt. Denn hier wurde das Mädchen am frühen Sonntagmorgen ausgesetzt. Ein anonymer Anrufer hatte die Polizei informiert, das Neugeborene lag in einem blauen Schuhkarton. Der ist jetzt auf dem Flugblatt abgebildet, ebenso wie die Handtücher, in die das Baby eingewickelt war und der weinrote Kinderwaschlappen mit dem Hündchenmotiv.

Nach Einschätzung der Ärzte ist das Kind etwa acht bis zehn Wochen zu früh geboren worden. Es wog nur etwa 1200 Gramm. Chefarzt Hans Kössel: „Das Mädchen wies keine Verletzungen auf, es war nur unterkühlt, was bei einem so kleinem Kind sehr problematisch ist.“ Obwohl die Nacht zum Sonntag mit etwa 16 Grad zu den wärmsten des Jahres gehörte, war Paulines Zustand zunächst kritisch. Inzwischen hat er sich stabilisiert, außer Lebensgefahr wird das Kind aber erst in einigen Wochen sein.

Wenn die Polizei bis dahin keine Hinweise auf die Mutter hat, wird Pauline wohl das Schicksal vieler anderer Findelkinder teilen und zur Adoption freigegeben werden. Der letzte Fall in Brandenburg liegt nur Monate zurück: Im November 2001 wurde ein wenige Tage altes Mädchen im Bahnhof Jüterbog gefunden. Auch damals ließen sich die Krankenschwestern einen n einfallen: Alina. Das Kind kam in eine Pflegefamilie, die diesen Namen beibehielt. „Die Pflegeeltern möchten anonym bleiben“, sagt eine Sprecherin des Jugendamtes in Luckenwalde: „Aber dem Mädchen geht es gut.“

Während die Polizei den Fall Alina demnächst wohl ungeklärt abschließen wird, hofft sie bei Pauline auf die Mithilfe der Bevölkerung. Bis gestern Mittag war allerdings nur ein einziger Hinweis eingegangen. Die Ermittler nehmen an, dass der anonyme Anrufer wollte, dass das Kind schnell gefunden wird. Sollte es sich dabei um die Mutter des Neugeborenen gehandelt haben, könnte ihr das – so sie gefunden wird oder sich selbst meldet – mildernde Umstände verschaffen. Wer ein Kind in einer hilflosen Lage zurücklässt, muss mit einer Strafe von bis zu zehn Jahren rechnen. Mit dem Anruf bei der Polizei könnte aber die Mutter dafür gesorgt haben, dass sich das Kind eben nicht in einer hilflosen Lage befand. Gleichwohl bestand wegen der Unterkühlung höchste Gefahr für den Säugling.

Für Maria Geiss-Wittmann, die 1999 in Bayern das „Moses-Projekt“ gründete, muss daher Hilfe für Mütter, die aus welchen Gründen auch immer ihre Kinder nicht haben wollen, schon vor der Geburt beginnen. Die „Moses“-Mitarbeiter betreuen solche Frauen während der Schwangerschaft und nehmen die ungewollten Babys dann persönlich entgegen. Das Zeugnisverweigerungsrecht, das ihnen dafür eingeräumt wird, ist juristisch umstritten. Für die Unversehrtheit der Säuglinge birgt diese Methode allerdings weniger Gefahren als die „Babyklappe“. Oder gar die Aussetzung vor einem Supermarkt. Denn noch wissen die Ärzte der in Brandenburg gefundenen Pauline nicht, wie lange das Kind unterkühlt war und ob sich daraus gesundheitliche Schäden ergeben.

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