zum Hauptinhalt

Brandenburg: Auf fremdem Land gebaut

Auch der neue Airport BBI entsteht auf Bodenreform-Grundstücken. Die Bauherren rechnen aber nicht mit Baustopp

Potsdam - Vom Bodenreform-Skandal ist auch der im Bau befindliche Hauptstadt-Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) in Schönefeld betroffen. Nach Tagesspiegel-Informationen hat die Brandenburgische Bodengesellschaft (BBG) zwei zuvor vom Land in Besitz genommene frühere Bodenreform-Flächen an die Flughafengesellschaft verkauft, die das größte Infrastrukturvorhaben Deutschlands managt. Wie das Finanzministerium am Freitag auf Anfrage bestätigte, sollten außerdem drei weitere ehemalige Bodenreform-Flächen in der Gemarkung Waltersdorf, die für die Straßen- und Schienenanbindung des Airports benötigt werden, demnächst an die Flughafengesellschaft (FPS) verkauft werden. Die Kaufverträge lagen dort bereits zur Prüfung. Das Finanzministerium habe nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs diesen Verkauf gestoppt.

Welche Auswirkungen das hat, ist umstritten. Auf das Land könnten Entschädigungsforderungen in Millionenhöhe zurollen, da die Immobilienpreise für das frühere Ackerland bei Schönefeld stark gestiegen sind. Die Brandenburgische Bodengesellschaft (BBG), eine Landesfirma, verwaltet seit 1997 die früheren Bodenreform-Immobilien des Landes. Es betrifft rund 15 000 Flurstücke, mit einer Größe von rund 34 000 Hektar. Aber selbst in der Regierung wird damit gerechnet, dass sich nach der vom Bundesgerichtshof als „sittenwidrig“ gerügten Inbesitznahme von zehntausend Bodenreform-Grundstücken durch das Land und der von der Regierung versprochenen Rückgabe nun Erben melden. Finanzminister Rainer Speer (SPD) hat für die Fälle, in denen das Land Bodenreform-Flächen weiterverkauft hat, eine Zahlung des Kaufpreises an jetzt auftauchende rechtmäßige Erben angekündigt.

Bei der Airport-Gesellschaft Berlin-Brandenburg International übt man sich in Gelassenheit: „Das ist ein rein juristischer Vorgang“, sagt Ralf Kunkel. Die Planfeststellung für den Flughafen stehe. Daher könnten die betroffenen Flächen nicht mehr anderweitig genutzt werden. „Der ganze Vorgang hat keinen Einfluss auf den Bauablauf“, meint Kunkel. BBI verlässt sich dabei auf die gesetzliche Regelung, wonach sich der Erwerber eines Grundstückes in Treu und Glauben auf die Eintragungen im Grundbuch verlassen kann. Sind diese falsch, dann muss er das Grundstück nicht zurückgeben und auch nicht haften, weil er sich auf die strengen Richtlinien verlässt, die Grundbucheintragungen regeln.

Doch genau diese Regeln wurden laut Bundesgerichtshof grob verletzt. „Das Land Brandenburg hatte doch selbst ein enormes Interesse daran, schnell Eigentümer dieser Flächen zu werden, um den Flughafen bauen zu können“, sagt Rechtsanwalt Thorsten Purps. Deshalb sei fraglich, ob sich die im Teileigentum des Landes befindliche Flughafentochter beim Grundstückserwerb auf „Treu und Glauben“ berufen könne. „Deshalb ist ein umgehender Baustopp nicht gänzlich auszuschließen“. Ähnlich sieht es Rechtsanwalt Frank Boermann: „BBI wird auf fremdem Boden gebaut“, sagt er. Die Airport-Gesellschaft könne aber eine „vorläufige Besitzeinweisung“ beantragen, weil das staatliche Interesse am Flughafenbau größer sei als das Eigentumsrecht Einzelner – und dann weiterbauen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false