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Brandenburg: Auf neuen Wegen gegen Jugendgewalt

Bildungsminister will Kooperation von Schule und Polizei – aber auch mehr Fürsorge für Problemkinder

Potsdam - Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) hat sich für eine engere Zusammenarbeit von Schulen und Polizei ausgesprochen, um Gewaltkriminalität von jungen Leuten besser zu begegnen. „Es gibt einen harten Kern gewaltbereiter Jugendlicher, der nicht kleiner wird, der oft aus sozial schwierigen Verhältnissen kommt“, sagte Rupprecht am Freitag. „Das ist besorgniserregend.“

Wie berichtet ist nach der jüngsten Kriminalstatistik die Zahl von Gewaltstraftaten wie Körperverletzung, Raub, Vergewaltigung, Totschlag, 2005 gegenüber dem Vorjahr um fast fünf Prozent auf 5607 Fälle gestiegen - obwohl die Gesamtkriminalität sinkt. Bei schweren Körperverletzungen, 3797 im Jahr 2005, fiel der Anstieg mit neun Prozent noch drastischer aus. Fast jeder zweite Gewalttäter ist nicht älter als 21 Jahre – die Polizei ermittelte allein 2005 gegen 1300 Jugendliche wegen Gewaltstraftaten.

Die meisten Täter sind der örtlichen Polizei bestens bekannt. In den Schutzbereichen gibt es inzwischen informelle Listen mit Namen der Jugendlichen, die die meisten Straftaten begehen. In der dünn besiedelten Prignitz etwa führt die Liste ein Jugendlicher an, der allein 2005 insgesamt zwölf Straftaten beging: Raub, Körperverletzung, Fahren ohne Führerschein, Bedrohung und Sachbeschädigung. Auch bei anderen jugendlichen Mehrfachtätern, die auf den weiteren Plätzen folgen, seien es fast immer die gleichen Delikte, heißt es im Schutzbereich.

Die Zahlen korrespondieren mit der jüngsten Brandenburger Jugendstudie. Diese hatte zwar bei der Mehrheit der jungen Leute im Land eine Besinnung auf Leistungsbereitschaft, Fleiß und soziale Kompetenz festgestellt – zugleich aber auf eine größer werdende Randgruppe von Gewaltbereiten, von Schulverweigerern hingewiesen, die etwa drei bis fünf Prozent der Jugendlichen ausmacht. „Es sind Jugendliche, die haben mit 16 oder 17 Jahren keine Hemmschwelle mehr“, sagt CDU-Innenpolitiker Sven Petke. „Da wächst eine verlorene Generation heran.“ Es sei zu befürchten, dass wegen der Abwanderung von wertbewussten, leistungsbereiten jungen Leuten das Problem noch zunehme. „Es ist eine Gruppe, für die staatliche Fürsorge gefragt ist, mehr noch als bisher“, sagt der SPD-Innenpolitiker Werner-Siegwart Schippel. Der PDS-Innenausschussvorsitzende Hans- Jürgen Scharfenberg fordert ein Umdenken in der Politik: Bislang gebe es in der Politik einen Automatismus, dass wegen der geringeren Zahl von Kindern und Jugendlichen weniger Betreuungs- und Freizeitangebote sowie weniger Sozialarbeiter brauche. „Jetzt merken wir, dass die Probleme wachsen.

Auch Bildungsminister Rupprecht betont, dass man sich um den harten Kern, um die Problemkinder, „besonders kümmern“ müsse: „und zwar so früh wie möglich, vom Kindergarten an“. Es fange damit an, Ausgrenzungen - etwa wegen nicht markengerechter Kleidung - zu begegnen. So weit wie Innenminister und CDU-Landeschef Jörg Schönbohm, der von einer „Verrohung“ der Gesellschaft spricht, will Scharfenberg nicht gehen. „Solche Begriffe stigmatisieren nur“, sagt der SPD-Politiker.

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