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Brandenburg: Aus Verzweiflung das eigene Haus in die Luft gesprengt Prozessauftakt gegen 49-Jährigen aus Borkheide

Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren droht

Potsdam – Die Bewohner des kleinen Borkheide bei Beelitz vermuteten einen Flugzeugabsturz oder die Detonation einer Bombe. So stark und ohrenbetäubend war die Explosion im April vergangenen Jahres inmitten ihrer Siedlung. Doch schnell stellte es sich heraus, dass ein Einfamilienhaus in ihrer Nachbarschaft in die Luft geflogen war. Der mutmaßliche Verursacher dieser Explosion steht seit gestern in Potsdam vor Gericht.

Aus Verzweiflung über die Trennung von seiner Lebensgefährtin soll der 49-jährige Harry K. an der Gaszufuhr manipuliert und das ausströmende Gas mit einer Mikrowelle entzündet haben. Im Falle einer Verurteilung droht dem Mann wegen des Herbeiführens einer schweren Sprengstoffexplosion eine Freiheitsstrafe zwischen einem und 15 Jahren.

Im grau-blauen Jogginganzug war der gelernte Gas-Wasser-Installateur im Gerichtssaal erschienen. An den Händen trug er nicht nur Handschellen: Handschuhe schützen seine Haut, da er sich bei der Detonation schwere Verbrennungen zugezogen hatte. „Ich sage nichts“, lautete sein einziger Satz am ersten Prozesstag. Nur die knappen Angaben zu seiner Person bestätigte der hochaufgeschossene Mann mit grauen, kurzen Haaren. Für die Staatsanwaltschaft steht der Vorsatz seiner Handlung fest. Sie warf ihm nicht nur die Zerstörung seines zusammen mit seiner Lebensgefährtin vor drei Jahren erbauten Einfamilienhauses vor, sondern die erhebliche Beschädigung von weiteren elf Häusern.

Der Angeklagte soll während der Tat unter Drogeneinfluss gestanden haben. Außerdem sprach die Staatsanwaltschaft von einer „erheblichen Beeinträchtigung“ seiner Handlung durch die psychische Belastung nach der Trennung. Das könnte ihm mildernde Umstände bei der Verurteilung bringen.

„Es war wie in der Bombennacht 1945 in Potsdam“, sagte die 67-jährige Nachbarin. „In meinem Haus bebte der Fußboden, Fenster und Türen fielen zusammen und versperrten mir den Weg.“ Ihr Haus sei nach der Explosion nicht mehr bewohnbar. „Überall sind Risse, es fehlen Ziegel an den Mauern und auf dem Dach.“ Schon länger sei im Ort bekannt gewesen, dass die Beziehung nicht sehr harmonisch verlaufe. „Wenn einer seine Arbeit verliert, fehlt natürlich Geld für so ein schönes Haus“, meinte die Nachbarin. Harry K. soll einige Zeit vor seiner Verzweiflungstat seinen Job verloren haben. Er versuchte sich als Medikamentenverkäufer in einer Ich-AG.

Während der Verhandlung ermunterte der Vorsitzende Richter den Angeklagten vergeblich, an die geschädigte Nachbarin ein Wort der Entschuldigung zu richten. Erheblich belastet wurde Harry K. von seinem Nachbarn. Zwei Tage vor der Explosion habe er mit dem Angeklagten in dem Haus ein Glas Wein getrunken. „Dort sagte er mir, dass er fortgehen wolle“, erklärte der Mann. Die Wohnung sei bereits weitgehend leer geräumt gewesen. An seine Eltern hatte Harry K. einen Abschiedsbrief geschrieben, den der Nachbar überbringen sollte.

Die Lebensgefährtin bestätigte vor Gericht ihre Trennungsabsichten. Sie habe schon einige Monate vor der Explosion vergeblich vor der Haustür gestanden, weil Harry K. eigenmächtig die Schlösser ausgewechselt hatte. Der Prozess wird am 23. Januar fortgesetzt. Mit einem Urteil wird Mitte Februar gerechnet. Zuvor muss noch über einen Befangenheitsantrag des Anwalts gegen die beiden Berufsrichter entschieden werden.

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