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Brandenburg: Baggerseen: Yachthäfen statt Lausitzer Mondlandschaft

Der Mann im dunklen Anzug greift an der Tagebaukante gleich zu Superlativen. "So etwas wie hier gibt es nicht noch einmal.

Der Mann im dunklen Anzug greift an der Tagebaukante gleich zu Superlativen. "So etwas wie hier gibt es nicht noch einmal. Wir sind einzigartig in ganz Europa. Eine 5000 Quadratkilometer große Landschaft wird komplett umgestaltet." Professor Rolf Kuhn, ehemaliger Dessauer Bauhaus-Direktor und Geschäftsführer der Internationalen Bauausstellung (IBA), ist in seinem Redeschwall kaum zu stoppen. Doch nur mit vielen Worten kann er die Fantasie seiner Besucher anregen, die mit staubigen Schuhen und feinem Sand in den Augen auf eine Mondlandschaft blicken. Kilometerweit geht der Blick in eine von riesigen Baggern zerfurchte und dadurch offensichtlich tote Gegend. Die jahrzehntelange Förderung von Braunkohle hat hier bis in eine Tiefe von rund 100 Metern sämtliche Erdschichten durcheinandergebracht. Da wirkt es doch befremdlich, wenn der Professor von Baderseen, Yachthäfen, einem Paradies für Taucher, Wohnen auf Hausbooten oder einem Stahlkoloss als Touristenattraktion spricht.

Doch Kuhn lässt sich nicht aus dem Konzept bringen. Er hat es in den vergangenen Jahren geschafft, eine ganze Region und schließlich auch die Landesregierung von seiner Idee zu begeistern. Da fällt es nicht schwer, auch die Besuchergruppe am Tagebau Klettwitz-Nord zu überzeugen. Allerdings klingt das IBA-Projekt auf den ersten Blick etwas unverständlich. "Wir wollen eine Internationale Bauausstellung auf die Beine stellen. Das ist eine einmalige Chance für die ganze Lausitz", schwärmt der Experte. 2002 sollen die ersten Projekte dieses "Fürst-Pückler-Landes" fertig sein, 2010 die ganze Präsentation im Gebiet zwischen Senftenberg und Bad Muskau.

Vor allem der Begriff Ausstellung stieß anfangs in der Region auf viel Unverständnis. Viele Menschen hatten ihn wörtlich genommen und sich ein Museum vorgestellt. Dabei soll der ganze Brandenburger Teil der Lausitz zur Ausstellung werden. Seit 1998 arbeitet am Rande von Großräschen eine Vorbereitungsgesellschaft, die von vier Landkreisen, der Stadt Cottbus und der Landesregierung getragen wird. Hier sind Fachleute an 20 Einzelprojekten beteiligt: Seen, Häfen oder Feriendörfern. Kuhns Lieblingsbeispiel ist die Förderbrücke F 60 - 502 Meter lang, 82 Meter hoch. "Die Menschen blickten uns fragend an, als wir die F 60 als Beispiel des Ingenieurwesens erhalten wollten", erklärt Professor Kuhn. "Erst als wir die Idee hatten, das Stahlgerüst als liegenden Eiffelturm zu bezeichnen, stellte sich Begeisterung ein." Im nächsten Jahr wird die F 60 für jedermann zugänglich sein.

Etwa ab 2005 blicken die Besucher von oben auf einen riesigen See. Denn wie in Klettwitz-Nord werden die meisten ehemaligen Tagebaugruben geflutet. Das Wasser dafür kommt vor allem aus der Schwarzen Elster und aus der Spree. Allein das natürliche Grundwasser reicht dafür nicht aus. Es kommt zudem aus solchen Tiefen, dass die Seen sauer und somit unbenutzbar wären. Der Aufwand ist überall groß. Für Klettwitz-Nord wird beispielsweise eine 16 Kilometer lange Rohrleitung bis zur Schwarzen Elster gebaut. Damit andere Regionen - vor allem der Spreewald - durch die Wasserentnahme nicht auf dem Trockenen sitzen, laufen die Pumpen nur an bestimmten Tagen.

Professor Kuhn erklärt mit vielen Gesten die künftige Seenkette. "Attraktiv muss sie sein, nicht einförmig. Hier eine Insel, hier eine Landzunge." Noch mindestens fünf Jahre aber müssen sich Besucher nach einer Tour mit dem Professor den Sand aus den Schuhen kippen.

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