zum Hauptinhalt

BBI-Flugrouten: Bürger machen Krach gegen den Fluglärm

Es könnte in den nächsten Wochen sehr laut werden im eher beschaulichen Berliner Vorort Stahnsdorf: Es formiert sich der Widerstand gegen die Flugrouten für den zukünftigen Flughafen BBI in Schönefeld.

Lautsprecher sollen einen ganzen Tag lang von früh bis spät so viel Krach verbreiten, dass die Gespräche auf den Straßen verstummen sowie Türen und Fenster geschlossen werden müssen. Damit will eine erst vor wenigen Tagen gegründete Bürgerinitiative mit Unterstützung des Bürgermeisters auch den „letzten Einwohner aufwecken“ und ihn zum Protest gegen die neuen Flugrouten der Maschinen vom künftigen Großairport in Schönefeld aufrufen. Denn praktisch über Nacht gelangten die etwa 55 000 Einwohner der wie auf einer Perlenkette hintereinander aufgefädelten Orte Stahnsdorf, Teltow und Kleinmachnow in den Fluglärmkorridor mit den höchsten Belastungen. Stahnsdorfs Bürgermeister Bernd Albers spricht von einer „großen Täuschung“ und kündigt „entschiedenen Widerstand“ an. Er ruft seine Einwohner zu möglichen Montagsdemonstrationen, Unterschriftensammlungen, Kundgebungen, Luftballonaktionen und Vorstößen bei der Landesregierung auf.

Das dürfte ihm nach den Reaktionen auf einer ersten Bürgerversammlung im Rathaus nicht schwer fallen. So wie Claus-Peter Martensen geht es tausenden Einwohnern. „Als ich mir 1999 ein Grundstück im Süden Berlins suchte, habe ich lange und intensiv alle zugänglichen Unterlagen angesehen und mich bei den Ministerien erkundigt“, sagte Martensen. „Ich wollte sichergehen, dass ich nicht vom Fluglärm belastet werde und habe nach K.o.-Kriterien einen Standort nach dem anderen geprüft und bin schließlich in Stahnsdorf gelandet. Nun bin ich erschüttert darüber, dass ich jährlich 360 000 Flüge direkt über meinem Haus ertragen müsste.“

Dazu würde es kommen, wenn die in der vergangenen Woche von der Deutschen Flugsicherung veröffentlichen Ab- und Einflugrouten in Schönefeld verwirklicht würden. Denn diese sparen die bisher als besonders vom Fluglärm betroffen gehandelten Gebiete wie Blankenfelde, Mahlow oder Diedersdorf plötzlich aus, während Stahnsdorf, Teltow und Kleinmachnow nun den großen Krach fürchten müssen.

Bislang waren alle Betroffenen davon ausgegangen, dass die Maschinen den Flughafen in einer geraden Verlängerung verlassen. Doch nun sollen sie nach dem Willen der Deutschen Flugsicherung unmittelbar nach dem Abheben einen 15-Grad-Winkel gen Norden beziehungsweise Süden fliegen, um Kollisionen von gleichzeitig startenden Jets zu verhindern.

„Das hatte man doch auch schon früher gewusst“, empört sich Hans-Joachim Pfaff aus Stahnsdorf, der gleich eine Bürgerinitiative gegen Fluglärm ins Leben rief. „Die bisher im Planfeststellungsbeschluss von 2004 enthaltenen Flugrouten müssen einfach beibehalten werden.“ Er sei sehr enttäuscht darüber, dass sich die Brandenburger Landesregierung bisher nicht auf ihre Seite gestellt habe. So wie er befürchten viele Betroffene erhebliche gesundheitliche Gefahren und einen Wertverlust ihrer Grundstücke.

Man sei „arglistig getäuscht“ worden, heißt es allenthalben. Der eigens vom Stahnsdorfer Bürgermeister mit der rechtlichen Prüfung beauftragte Rechtsanwalt Ronald Radtke aus Potsdam macht den auf eine finanzielle Entschädigung hoffenden Einwohnern aber wenig Hoffnung. „Da muss man eine erhebliche Betroffenheit mit Gutachten belegen können“, sagt er. Gegen das Argument der Flugsicherheit komme man erfahrungsgemäß nur schwer an. „Besser wäre es deshalb, sich vor einem gerichtlichen Verfahren politisch in allen Gremien zu engagieren, um dort Druck auszuüben.“ Die geplante Fluglärmsimulation aus Lautsprechern gehört auf jeden Fall dazu.

Zur Startseite