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Beamten-Proteste: Buhrufe gegen Speer

Die Pläne der Landesregierung zur Streichung des Weihnachtsgelds für Beamte haben zu massiven öffentlichen Protesten geführt. Finanzminister Speer verteidigte indes die Streichung im Landtag.

Potsdam - Zirka 8000 Menschen, darunter Polizisten, Lehrer und Justizbeschäftigte, zogen in einer Demonstration durch Potsdam und nahmen anschließend an einer Kundgebung am Landtag teil. Sie trugen Plakate mit Sprüchen wie: "Setzt euch zur Wehr - stoppt Speer". In Brandenburg gibt es 35.000 Beamte.

Redner von Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes warfen der Landesregierung und hauptsächlich Finanzminister Rainer Speer (SPD) "unsoziale Politik" und "Wortbruch" vor und forderten die Rücknahme der geplanten Sparmaßnahme. Andernfalls würden weitere Protestaktionen und Dienst nach Vorschrift folgen, um zu verhindern, dass es "Unterschichtbeamte made in Brandenburg" gebe. Nach Angaben der Veranstalter war die Demonstration die bislang größte in Potsdam.

Speer hatte einen Entwurf zur Änderung des Sonderzahlungsgesetzes vorgelegt. Darüber sollten die Abgeordneten im Landtag am selben Tag erstmals debattieren. Die Pläne sehen vor, dass das Weihnachtsgeld für kinderlose Beamte komplett gestrichen wird. Beamte mit Nachwuchs sollen ab 2007 noch 200 Euro pro Kind und Jahr erhalten.

Beamte seien "stinksauer"

DGB-Landesbezirkschef Dieter Scholz betonte, die Beamten seien "stinksauer" und ließen sich von der Landesregierung nicht wie ein Tanzbär durch die Manege ziehen. Er spielte damit auf den 2003 zwischen Gewerkschaften und Landesregierung abgeschlossenen Solidarpakt für 2004 bis einschließlich 2006 an. Dieser sah in einem Sonderzahlungsgesetz die Streichung des Urlaubsgelds sowie eine Kürzung des Weihnachtsgelds der Beamten von 1090 auf 940 Euro vor. Nach Auffassung der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sind weitere Kürzungen im Pakt verbindlich ausgeschlossen worden.

Der Landesbezirksvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Schuster, wies darauf hin, dass alle Beschäftigte im öffentlichen Dienst bereits während der Laufzeit des Solidarpaktes auf 300 Millionen Euro hätten verzichten müssen. Bei weiteren Kürzungen für Beamte müssten sie sich gerade vor Weihnachten von ihren Familien fragen lassen, warum es zum Fest "weniger Geschenke" gebe. Mit der geplanten Streichung der Sonderzuwendung wolle die Landesregierung jetzt zusätzlich 70 Millionen Euro jährlich sparen, bemängelte Schuster. Er rief die Polizei auf, ab Dezember keine Verwarngelder mehr auszustellen.

"Lügner, Lügner"-Rufe

Speer wurde bei seiner Kundgebungsrede ausgepfiffen, ohrenbetäubend skandierten die Demonstranten "Lügner, Lügner". Er wies den Vorwurf des Wortbruches zurück und verteidigte das Vorhaben der Landesregierung, ab 2007 das Weihnachtsgeld zu streichen. Die Finanzlage des Landes lasse nichts anderes zu. Der SPD-Politiker verwies auf Verbesserungen bei den unteren Besoldungsgruppen. Ihre Bezüge sollten bereits zum 1. Juli 2007 auf westdeutsches Niveau angehoben werden. Für etwa 11.000 Landesbeschäftigte werde die Einbuße damit mindestens kompensiert.

Mit sich überschlagender Stimme verlangte der Landesvorsitzede der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Günther Fuchs, daraufhin den Rücktritt der gesamten Landesregierung. Im Kabinett säßen "nur noch Unfähige". Lauten Applaus erhielt die Vorsitzende der oppositionellen Linksfraktion, Kerstin Kaiser. Sie lehnte den Gesetzentwurf ab.

Speer verteidigt Streichung

Finanzminister Rainer Speer (SPD) hat im Landtag die geplante Streichung des Weihnachtsgeldes bei den Beamten unterdessen verteidigt. Bei der Vorstellung des Entwurfs für ein neues Sonderzahlungsgesetz betonte der Minister: "Die Einschnitte sind erheblich." Jedoch müsse er in den kommenden Jahren jeweils Haushaltslücken in dreistelliger Millionenhöhe schließen. Deshalb seien weitere Einsparungen bei den noch immer zu hohen Personalkosten des Landes nötig.

Außerdem wies Speer darauf hin, dass im Gegenzug für die Streichung des Weihnachtsgeldes die Ost-West-Angleichung der unteren und mittleren Beamtenbezüge von 2008 auf Mitte 2007 vorgezogen werde. Zudem erhielten Beamte mit Nachwuchs pro Kind 200 Euro Weihnachtsgeld. Die Veränderungen sollen insgesamt Einsparungen von 56 Millionen Euro bringen.

Opposition lehnt Streichung ab

Auch die Finanzexperten der Koalitionsfraktionen von SPD und CDU, Mike Bischoff und Saskia Funck, sehen keine Alternative zu den Kürzungen. Bischoff unterstrich, die Zinslast belaufe sich inzwischen auf 900 Millionen Euro jährlich. Angesichts solcher Zahlen müsse die Konsolidierung des Etats vorangetrieben werden. Dazu seien auch erhebliche Einschnitte bei den Personalkosten nötig. Die Alternative seien 2700 betriebsbedingte Kündigungen ab 2009.

Funck fügte hinzu, das Land werde in den kommenden Jahren dramatisch geringere Einnahmen verzeichnen, da die Aufbau-Ost-Hilfen reduziert werden. Zudem verwies die CDU-Politikerin auf die Arbeitnehmer außerhalb der Verwaltung, die mit ihren Steuern die Einkommen der Beamten absicherten und vielfach ebenfalls keine Sonderzahlungen erhielten.

Die Opposition lehnt die Streichung des Weihnachtsgeldes ab. Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Heinz Vietze, warf der Landesregierung Wortbruch vor. Schließlich sei im Solidarpakt zwischen Land und Gewerkschaften vereinbart worden, dass nach Einsparungen bei Angestellten und Beamten in den Jahren 2004 bis 2006 ab 2007 wieder der alte Zustand hergestellt werde.

Der Gesetzentwurf wurde zur weiteren Beratung in die zuständigen Ausschüsse überwiesen und soll im Dezember verabschiedet werden. (tso/ddp)

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