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Brandenburg: Bei Gefängnissen bald Weltstandard

Zumindest zur Hälfte entspricht der Brandenburger Maßregelvollzug seit gestern internationalen Standards. Denn für etwa 20 Millionen Euro entstanden auf dem Gelände der Landesklinik in Brandenburg/Havel mehrere Gebäude zur Unterbringung und zur Therapie psychisch kranker Straftäter.

Zumindest zur Hälfte entspricht der Brandenburger Maßregelvollzug seit gestern internationalen Standards. Denn für etwa 20 Millionen Euro entstanden auf dem Gelände der Landesklinik in Brandenburg/Havel mehrere Gebäude zur Unterbringung und zur Therapie psychisch kranker Straftäter. In den Ein- und Zweibettzimmern stehen 106 Patientenplätze zur Verfügung. Insgesamt zählt der Maßregelvollzug in Brandenburg derzeit rund 200 Insassen. Bis 2004 erhält Eberswalde einen weiteren Neubau mit 116 Plätzen. "Dann dürften wir aus dem Gröbsten heraus sein", sagte Sozialminister Alwin Ziel (SPD) am Rande der Eröffnung. "Allerdings weisen die Gerichte immer häufiger verurteilte Straftäter in diese besonders geschützten und betreuten Häuser ein, so dass wir uns auf weitere Investitionen einstellen müssen.

Der Maßregelvollzug war nach der Flucht des Schwerverbrechers Frank Schmökel während eines Ausgangs im Herbst 2000 in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt. Eine Expertenkommission unter Leitung des ehemaligen nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Schnoor (SPD) hatte im März vergangenen Jahres in ihrem Urteil von "unhaltbaren Zuständen" gesprochen. Nicht nur die baulichen Zustände, sondern auch die personelle Ausstattung seien nicht mehr hinzunehmen. Gestern zeigte sich Schnoor nach seinem Rundgang zufrieden: "Mit den Therapiemöglichkeiten, der Sicherheit, dem Bau selbst und dem Ausbildungsstand der Ärzte und Pfleger wird hier höchster europäischer Standard erreicht." Die Hinweise seiner Kommission seien hier vollständig berücksichtigt worden.

Ganz so euphorisch sahen die befragten Insassen ihre Lage nicht. "Wir haben nichts zu tun. Von Therapie kann keine Rede sein", sagte ein Mann hinter den vergitterten Fenstern, der wegen Mordes hier einsitzt. "Wie im Altbau werden wir uns selbst überlassen." Schmökel, der auf seiner Flucht vor der Polizei am Rande von Strausberg einen Rentner erschlagen hatte, war am Fenster seiner Zelle nicht zu sehen. Er werde gesondert bewacht und falle unter die Kategorie "langfristig nicht lockerbare Haftbedingungen", teilte Chefarzt Ingolf Piezka mit.

Die Neubauten am Rande des Klinikgeländes werden von einer 5 Meter 20 hohen Mauer umgeben. "Die größte Sicherheit erreichen wir allerdings durch eine intensive Betreuung", sagte Chefarzt Piezka. Für die Therapie stünden variable Gruppenräume, Sportgeräte und Arbeitsmöglichkeiten bereit. Alles müsse im Laufe der Zeit noch anlaufen. Der jüngste Insasse des Brandenburger Maßregelvollzug zählt 18 Jahre, der älteste 56. Längstens zehn Jahre bleiben sie hier. Die Strafvollzugsbehörden entscheiden über Entlassung oder die Unterbringung in einem anderen Gefängnis.

Neben dem Speiseraum öffnet in Kürze ein Geschäft für Lebensmittel und andere Waren. Monatlich erhalten die Insassen 83 Euro Taschengeld. "Der richtige Umgang mit diesem Geld gehört auch zur Therapie", erklärte der Chefarzt. Sozialminister Ziel, dessen Behörde für den Maßregelvollzug zuständig ist, bezeichnete die neue Klinik als beispielhaften "Zweckbau ohne Luxus".

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