zum Hauptinhalt

1. Mai: Randale im Bundestag

Aktuelle Stunde im Bundestag: Das Parlament debattiert die Einsatztaktik der Berliner Polizei für den 1. Mai. Die Strategie von Berlins Innensenator Ehrhart Körting wird heftig kritisiert.

Berlins Innensenator war der Sitzung ferngeblieben. Also wurde in Abwesenheit von Ehrhart Körting (SPD) die Einsatzstrategie der Berliner Polizei am 1. Mai in einer aktuellen Stunde im Bundestag diskutiert – und heftig kritisiert. „Der Berliner Innensenator hat dieses verfehlte Einsatzkonzept zu vertreten“, sagte der Berliner FDP-Chef Markus Löning. Damit provozierte er Applaus aus den eigenen Reihen und denen der CDU/CSU-Fraktion. Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Hartmut Koschyk, forderte zukünftig ein stärkeres Durchgreifen der Polizei. „Im Rechtsstaat darf es keine rechtsfreien Räume geben.“

Am Abend des 1. Mai hatten sich Randalierer und Polizisten in Kreuzberg eine Straßenschlacht geliefert. 479 Polizisten wurden verletzt, 289 Randalierer festgenommen. Gegen vier junge Männer wird, wie berichtet, derzeit wegen Mordversuchs ermittelt. Sie hatten Beamte mit Molotowcocktails angegriffen. Der Kreuzberger Grünen-Politiker Christian Ströbele, der am Donnerstag, begleitet vom höhnischen Zwischenruf „Jetzt gibt es Insiderinfos“, ans Rednerpult im Bundestag trat, gab zu, der diesjährige 1. Mai sei ein Rückschritt gewesen, zur Deeskalationsstrategie Körtings gebe es jedoch keine Alternative. „Mehr Strafen und Verbote bringen nur mehr Gewalt“, sagte Ströbele. Hans-Peter Uhl (CSU) konterte, angesichts des Ausmaßes der Ausschreitungen von Deeskalation zu reden, sei „deplaziert“. Auch er gab der Berliner Landesregierung eine Mitschuld. Die Demonstration sei nicht rechtzeitig gestoppt worden. Der Linken warf er vor, „Schutzpatronin der Chaoten“ zu sein, weil ein Lichtenberger Abgeordneter der Partei die 18-Uhr-Demo angemeldet hatte. Die Berliner Linken-Abgeordnete Gesine Lötzsch wies die Verantwortung zurück.

Die Polizeiführung teilte gestern mit, dass der Einsatz intensiv nachbereitet werde. Polizeipräsident Dieter Glietsch nimmt am Montag im Innenausschuss Stellung zu den Vorwürfen. Indes rief die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) alle Beamten auf, die am 1. Mai Opfer von Straftaten wurden, Anzeige zu erstatten. Dass die Zahl der verletzten Beamten am Mittwoch – also fünf Tage nach den Krawallen – von 440 auf 479 gestiegen ist, hält die Polizei für realistisch. Die Vermutung, die Gewerkschafter hätten ihre Mitglieder dazu „kampagnenartig“ motiviert, auch Tage später noch Blessuren zu melden, weist die Polizei zurück. Manche Beamte hätten erst einige Tage später einen Arzttermin wahrnehmen können. Bei anderen gebe es Verletzungen, die erst harmlos erscheinen, dann aber schlimmer würden, beispielsweise eine Bänderdehnung. „Diese kann erst nach einigen Tagen richtig anschwellen.“ Wie Pressesprecher Thomas Goldack sagte, ermutige die Behörde ihre Beamten dazu, jede Verletzung zu melden. Als „absurd“ wies er den Vorwurf der DPolG zurück, die behauptete, in der Behörde werde Druck ausgeübt, damit möglichst wenig Verletzungen gemeldet werden.

Ermittler der Bundespolizei zeigten sich am Donnerstag erschüttert, als sie erfuhren, dass ein Beamter aus ihren Reihen selbst Steine auf Polizisten am 1. Mai geworfen haben soll. Wie berichtet, erging gegen Raik L. Haftbefehl. Da der 24-Jährige einen festen Wohnsitz hat und nicht vorbestraft ist, kam er gegen Auflagen wieder frei. Raik L., der in Berlin einen Wohnsitz hat und am Flughafen Frankfurt (Main) als Bundespolizist tätig ist, wurde vom Dienst suspendiert. Er soll bei den Maikrawallen privat in Kreuzberg gewesen sein und drei Kleinpflastersteine auf Polizisten geworfen haben. Dabei wurden zwei Beamte verletzt. Ein anderer Bundespolizist, der normalerweise am Berliner Hauptbahnhof im Einsatz ist, hat Raik L. als Steinewerfer erkannt und festgenommen. mho/tabu

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false