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Berlin: 1. November 1989

Vor 15 Jahren ging es an Ost-Berliner Fahrkartenschaltern ungerecht zu

In Kürze jährt sich der Mauerfall zum 15. Mal. Daher dokumentiert der Tagesspiegel täglich Artikel über die sich andeutende Wende, die jeweils am Tag vor genau 15 Jahren in dieser Zeitung erschienen.

Rücktritt. Der Vorsitzende des DDR-Gewerkschaftsbundes FDGB, Tisch, hat für den morgigen Donnerstag seinen Rücktritt angekündigt. Er zieht damit die Konsequenz aus fortdauernder Kritik an seiner Amtsführung. (…) Währenddessen erörterte das SED-Politbüro unter anderem Fragen der gesellschaftlichen Erneuerung, das neue Reisegesetz und Personalprobleme.

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Freie Fahrt in der BVG. So einfach ist auch nach den erwarteten Erleichterungen das Reisen aus Ost-Berlin und der DDR in den Westen noch nicht. Für 20 Pfennig Ost könne man dann ja mit der S-Bahn nach West-Berlin fahren. So hatte der Regierende Bürgermeister im Fernsehen gesagt. Er müßte wissen, daß wir so weit noch nicht sind. Das Telefon stand im Rathaus nicht still.

Für die Fahrt nach West-Berlin verlangt die DDR wesentlich mehr, und zwar je nachdem, wo gezahlt wird, in Ost- oder Westgeld. Zwar ist der Tarif der billigsten Zone der S- und U-Bahn drüben nach wie vor 20 Pfennig. Die Weiterfahrt gen Westen, die an der Grenze im Bahnhof Friedrichstraße unterbrochen wird, kostet aber 2 Mark 70. (…) Für die Besucher von drüben ist dieses schikanöse Eintrittsgeld besonders bitter. Schließlich dürfen sie die Bahnen und Busse in West-Berlin unentgeltlich benutzen.

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Betten in den Messehallen. Gleichbleibend hoch ist nach Auskunft der Sozialverwaltung der Zustrom von DDR-Übersiedlern und Flüchtlingen in die Stadt. Am Wochenende wurden 140 Flüchtlinge und 159 legal ausgereiste ehemalige DDR-Bürger gezählt. (…) In den Messehallen 6 und 7 sind bereits 200 Plätze belegt. Heute solle die letzte Turnhalle von Betten geräumt werden. Damit könne, wie geplant, der Sportunterricht in den Turnhallen wieder beginnen, hieß es bei der Sozialverwaltung.

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Ärzte in die DDR. Für einen Transfer arbeitsloser Ärzte aus der Bundesrepublik in die DDR zur Lösung des dortigen Medizinernotstands hat sich der Präsident der Ärztekammer in West-Berlin, Huber, ausgesprochen. Er sagte, in der Kammer denke man an eine Art „humanitären Marshallplan“ für die DDR.

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