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Berlin: 10. Juni 1953: Streik in Hennigsdorf

KALENDERBLATT Der Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 hatte eine dramatische Vorgeschichte.

KALENDERBLATT

Der Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 hatte eine dramatische Vorgeschichte. Der Tagesspiegel schildert die Ereignisse des Juni 1953 in einem täglichen Kalenderblatt. Heute: der 10. Juni 1953.

Daran hat die Kirche nicht zu glauben gewagt: Ministerpräsident Otto Grotewohl geht auf den Appell der evangelischen Kirchenleitungen vom 4. Juni ein und führt ein Gespräch mit Bischöfen. Vereinbart wird eine Wende in den Beziehungen zwischen Staat und Kirche: Grotewohl erklärt, dass die SED das kirchliche Leben fortan respektieren und Repressalien gegen Kirchenmitglieder, insbesondere gegen die „Junge Gemeinde“, zurücknehmen werde. Von den Schulen und Universitäten verwiesene Jugendliche sollen wieder integriert, enteignete kirchliche Einrichtungen zurückgegeben werden. Die Kirche ihrerseits kündigt an, sich künftig aus der politischen Linie der SED herauszuhalten.

Rudolf Herrnstadt, Chefredakteur des SEDZentralorgans „Neues Deutschland“, verfasst das reformpolitische Kommuniqué des Politbüros. Er ist davon überzeugt, dass ein unkommentiert veröffentlichtes Kommuniqué, in dem der zunächst harte Kurs des „Aufbau des Sozialismus“ wieder zurückgenommen wird, wie ein Schock auf Bürger und Partei wirken könnte. Seine Bedenken prallen jedoch bei Walter Ulbricht und beim sowjetischen Hohen Kommissar Wladimir Semjonow ab. Herrnstadts Gesuch um einen Zeitaufschub von zwei Wochen für eine Kommentierung des Papiers lehnt Semjonow schroff ab: „In 14 Tagen werden Sie vielleicht schon keinen Staat mehr haben.“

Derweil bricht in Hennigsdorf der zweite Streiktag an: Die Belegschaft des Stahl- und Walzwerkes beharrt dabei auf der Rücknahme der erhöhten Arbeitsnormen bei gleichen Löhnen. Überdies verlangt sie die Freilassung von am Tag zuvor verhafteten Kollegen. Die örtliche Partei- und Betriebsleitung gibt dem Druck nach und erfüllt beide Forderungen.

In der Bundesrepublik streiten Regierung und Opposition über den Antrag der Sozialdemokraten, Adenauers Regierung möge sich für Viermächte-Verhandlungen über Deutschland auf der Grundlage des Potsdamer Abkommens aussprechen. Im Kabinett sagt Adenauer, der „Sowjetkurs“ der SPD sei „außenpolitisch unerträglich“. Das Potsdamer Abkommen sei ein „Diktatfrieden“, der die politische und wirtschaftliche Bevormundung Deutschlands durch die vier Siegermächte dokumentiere und die Ostgrenzen festschreibe. sto

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