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Berlin: 1000 Linke laufen sich warm

Protest gegen die Räumung der Liebigstraße 14 Demonstration verlief bis zum Abend friedlich

Die Politik hat für die Liebigstraße keine Lösung gefunden, nun muss die Polizei ran. Vier Tage vor der Räumung des linken Hausprojektes wurde am Sonnabend demonstriert. Rund 1000 Menschen zogen von Kreuzberg zu dem Friedrichshainer Haus, knapp 700 Polizisten sicherten den Umzug. Anfangs flogen ein paar Flaschen, ansonsten blieb die Demonstration bis zum frühen Abend weitgehend friedlich. Auf Transparenten forderten die Protestler „Liebigstraße 14 verteidigen“, „Steigende Mieten stoppen“ – und kündigten an: „Wir bleiben alle!“ In der Nacht zuvor waren nach einer ersten Demo in Mitte zwei Luxusautos angezündet worden.

Am 13. November 2009 hatten die Bewohner den allerletzten Prozess um ihre Mietverträge verloren. Seitdem stand juristisch fest: Die Leute müssen raus aus dem Altbau, der szeneintern „Liebig 14“ oder kurz „L14“ genannt wird. Vor drei Wochen ist für alle Wohnungen des Hausprojektes der schriftliche Räumungsbescheid eingegangen, der am 2. Februar um 8 Uhr zur Vollstreckung angesetzt worden ist. Der Aktenlage nach ging es vor Gericht um eine illegal von den Mietern eingebaute Tür in dem Haus.

Das zu DDR-Zeiten heruntergekommene Haus war 1990 besetzt worden, 1992 hatten die Bewohner Mietverträge mit der Wohnungsbaugesellschaft des Bezirks geschlossen. Vor zwölf Jahren kauften zwei Privatleute dieses Haus und weitere an dieser Ecke. Wegen eigenmächtiger Mietminderungen und der von den ersten Besetzern eingebauten Tür im Treppenhaus kündigten die Eigentümer die Verträge. Am Sonnabend bestätigte das Haus erstmals, dass „die in den Räumungstiteln genannten Personen schon seit vielen Jahren nicht mehr im Haus leben“. Die Räumung sei damit rechtlich unzulässig, behaupten die Bewohner.

Nach der Niederlage vor Gericht hatten sie noch eine „politische Lösung“ gefordert. Politiker von den Grünen, voran Bezirksbürgermeister Franz Schulz und der Linkspartei setzten sich mit den Bewohnern an zahlreiche runde Tische. Doch alle Sitzungen blieben ohne Ergebnis. Denn die Eigentümer boykottierten diese Vermittlungsbemühungen. Also versuchten die Politiker über Wohnungsbaugesellschaften und den Liegenschaftsfonds Ersatzquartiere zu finden.

Doch auch die Bewohner zeigten sich kompromisslos: Sie lehnten die angebotenen Wohnungen ab, man wolle zusammenleben. Ein ganzes Haus wurde ihnen auch angeboten, doch Weißensee war ihnen zu weit weg. Vor allem die Grünen warfen nun dem Innensenator und der SPD vor, sich in der Vergangenheit nicht für eine Lösung eingesetzt zu haben. Ehrhart Körting empörte sich im Parlament darüber und berichtete, dass er mehrfach mit Bezirkschef Schulz telefoniert habe. Für Körting sind die Bewohner selbst schuld an der bevorstehenden Eskalation. „Die Leute müssen gehen. Das haben sie selbst zu verantworten“, sagte er im Innenausschuss. Der Senat „gedenkt nicht“, neue Wohnungen anzubieten. Die Polizei sei rechtlich verpflichtet, dem Gerichtsvollzieher Amtshilfe zu leisten.

Vorschläge kamen in den letzten Tagen nicht mehr auf, mal abgesehen von der spontanen Idee des Kreuzberger CDU-Abgeordneten Kurt Wansner, die Leute „könnten doch mit ins Bethanien ziehen“. Dort leben seit der Räumung der Yorckstraße 59 – ebenfalls einem linken Symbol – dessen Bewohner. Sie hatten das ehemalige Krankenhaus zuerst besetzt, dies hatte Schulz dann legalisiert – unter Protest der CDU. Nun jedoch sei im Bethanien kein Platz mehr, lehnte Schulz die Idee ab.

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