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Im Herbst 2017 soll der BER jetzt eröffnet werden.

© dpa

1000 Tage kein Hauptstadtflughafen: Eröffnung des BER in tausendundeiner Nacht

Vor tausend Tagen sollte der BER eröffnet werden – damit ist „der modernste Flughafen Europas“ langsam von gestern. Denkmalstatus hat er aber schon heute. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Lorenz Maroldt

Sie müssen in einem kollektiven Wahn gelebt haben damals, die Verantwortlichen für dieses völlig verkorkste Jubiläum heute: tausend Tage Nichteröffnung – alleine diese Zahl gibt einen Hinweis darauf, wie elend weit entfernt der BER an diesem 3. Juni 2012 von der Inbetriebnahme war. Es war alles vorbereitet für das große Fest, das dann unter chaotischen Umständen abgesagt wurde. Aber bis heute ist niemand bereit, eine eigene Verantwortung dafür anzuerkennen. Die Hochstapler und Betrüger sind immer die anderen.

Dabei hätten sie es besser wissen müssen, die Geschäftsführer und Aufsichtsräte: Es war nicht die erste Verschiebung – und es sollte auch nicht die letzte sein. Unvergessen, wie der damalige Geschäftsführer Rainer Schwarz im Frühjahr 2010 herumtobte, weil im Tagesspiegel stand, dass der Eröffnungstermin 30. Oktober 2011 (!) gefährdet sei: Alles Quatsch, der Termin steht, was denn sonst! Eine Schmierenkomödie, schon damals – im Juni gab der Flughafen die Verschiebung bekannt.

„Unwiderruflich“ nannte der sogenannte Technikchef Körtgen dann die Eröffnung am 3. Juni 2012 – und wandte sich seiner Doktorarbeit zu. Selbst nach dem großen Schock ging es so weiter, ahnungslos, verantwortungslos: August 2012 wurde genannt als möglicher nächster Termin (Aufsichtsrat Matthias Platzeck im Mai 2012), und dann: „Die Eröffnung ist nach wie vor zum 27. Oktober 2013 geplant“, Aufsichtsratchef Klaus Wowereit Ende 2012. Aber auch dieser Termin hielt, wie sonst auch, natürlich nicht lange.

Eine Million Euro – pro Tag

Tausend Tage seit der Nichteröffnung gibt es keinen neuen Termin, aber ein „Terminband“: Im Herbst 2017 soll es jetzt so weit sein, und wenn man innerhalb dieses Bandes auf ein Datum tippt, stellt man fest: Bis dahin sind es noch tausendundeine Nacht. Die Verschiebung wird dann länger gedauert haben als die ursprüngliche Bauzeit, und sie kostet eine Million Euro – pro Tag.

Das sind Dimensionen, und sie stehen neben dem Versprechen, dass hier „der modernste Flughafen Europas“ entsteht, darunter geht es selbstverständlich nicht, wir sind ja hier in Berlin. Nur ist nach fünf Jahren Nichteröffnung auch das Modernste langsam von gestern. Der BER wird eine Baustelle bleiben, auch wenn der Rauch irgendwann nach oben abzieht, tausende Kilometer Kabel entwirrt und Millionen Baudokumente sortiert sind. Neue Manager sind damit beschäftigt, neue Aufsichtsräte sollen es kontrollieren. Zwar ist ihr Start überschattet von harten Auseinandersetzungen der Gesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg untereinander, aber es gibt, wenigstens das, einen Plan. Die tausend Tage Nichteröffnung, sie könnten auch als Zäsur verstanden werden.

Könnten? Der BER bleibt ein Flughafen im Konjunktiv, und erst wenn er wirklich eröffnet ist, wird er ihn – vielleicht – irgendwann einmal los. Was aber bleibt, das ist ein Denkmal politischer und technischer Überheblichkeit.

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