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Berlin: 100000 Berliner ohne Strom

Defekte Leitung legte Charlottenburg lahm – auch die U-Bahn

Um kurz vor elf Uhr gab’s im Charlottenburger Café Dollinger am Stuttgarter Platz nur noch kalten Saft statt heißen Kaffee. Um 10.45 Uhr setzten am Donnerstagmorgen sämtliche Kaffee- und Espressomaschinen, Kühlschränke und sonstige Elektro-Geräte aus – genau so wie 199 Ampeln in der betroffenen Umgebung.

Am Kurfürstendamm tasteten sich einige Autofahrer verunsichert und teilweise hilflos durch die Einkaufsstraße: Es war einer der größten Stromausfälle, der fast den gesamten Bezirk Charlottenburg für rund 15 Minuten lahm legte. Um 11.02 Uhr sprangen die Ampeln wieder an, und die Kellner konnten ihren Gästen endlich wieder heiße Getränke servieren.

„Der Stromausfall war kurz, aber außergewöhnlich groß“, sagte der Sprecher des Energieversorgers Bewag, Manuel Vormelchert. Die Ursache sei ein Fehler in einer 110 Kilovolt-Hochspannungsleitung gewesen. Dadurch sei die Steuerung in eines der Umspannwerke behindert worden.

100000 Haushalte waren rund um die Otto-Suhr-Allee, Bismarck-, Wilmersdorfer-, Helmholtz-, Franklinstraße, am Ernst-Reuter- und am Richard-Wagner-Platz und in der Umgebung des Messedamms vom betroffen. Als der Strom ausfiel, wurden 100 Polizisten los geschickt, um den Verkehr auf den Kreuzungen per Hand zu regeln – oder um Geschäfte zu sichern, deren Alarmanlagen ausgefallen waren. „Aber als sie ankamen, war der Stromausfall wieder vorbei“, sagte ein Polizeisprecher; der Verkehr blieb ruhig.

Einige Fahrgäste der U 2 zwischen Olympiastadion und Kaiserdamm und der U7 zwischen Rohrdamm und Adenauerplatz saßen fest. Bei kleineren Stromausfällen war die U-Bahn stets verschont geblieben. Gestern mussten sich auch S-Bahn-Passagiere gedulden: Nichts ging mehr auf der Wannseebahn zwischen Schöneberg und Potsdam, auch auf den Linien zwischen Zoo und Friedrichstraße sowie zwischen Charlottenburg und Spandau. In einem Tunnel blieb kein Zug stecken – „sie sind alle mit Restenergie bis zum nächsten Bahnhof gerollt“, hieß es sowohl bei der BVG als auch bei der S-Bahn.

Erst am Dienstag dieser Woche waren rund 20000 Haushalte bis zu vier Stunden im Wedding ohne Strom – hier war ein Kurzschluss einer unterirdischen Leitung die Ursache. Ende September gingen in Lichtenrade nachts für zwei Stunden in 25 000 Haushalten die Lichter aus. Viele Bewohner aus Pankow und Prenzlauer Berg kamen am 16. September zu spät zur Arbeit, weil mangels Strom ihre Radiowecker nicht ansprangen. Über 30000 Haushalte waren in den frühen Morgenstunden von dem Kurzschluss im Umspannwerk in der Lunder Straße (Pankow) betroffen.

Alles nur Zufall? Der Bewag-Sprecher bestreitet einen Zusammenhang. „Es ist in der Tat zufällig, dass sich die Stromausfälle in Berlin häufen“, sagt Manuel Vormelchert. Auf einen Zeitraum von zehn Jahren gesehen, sei die Anzahl der Stromausfälle in Berlin sogar zurück gegangen. Ein Szenario wie beim größten Stromausfall in den USA im August, im September in London, Dänemark und Schweden, oder aber wie vor wenigen Wochen in Italien, wo 57 Millionen Menschen betroffen waren, müssten die Berliner nicht befürchten. Das Stromnetz in Deutschland sei viel „engmaschiger“ als in den USA oder in Italien. „Das Netz ist so eng verwoben, dass alle Energieversorger in Deutschland sehr schnell füreinander einspringen können.“

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