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Berlin: 14 Unfalltote – und bis heute kein Prozess Zweites Gutachten soll Verfahren ermöglichen

Potsdam/Stettin – Mehr als 16 Monate ist es jetzt her, dass bei einem schrecklichen Busunfall auf der Autobahn 10 am Schönefelder Kreuz 14 Menschen starben. In den nächsten Tagen will das Landgericht Potsdam nun endlich entscheiden, ob es zu einem Prozess kommt.

Von Sandra Dassler

Potsdam/Stettin – Mehr als 16 Monate ist es jetzt her, dass bei einem schrecklichen Busunfall auf der Autobahn 10 am Schönefelder Kreuz 14 Menschen starben. In den nächsten Tagen will das Landgericht Potsdam nun endlich entscheiden, ob es zu einem Prozess kommt. Nach Tagesspiegel-Informationen gehen alle Beteiligten genau davon aus. Denn ein Sachverständiger hat auf Wunsch des Gerichts ein zweites Gutachten zum Unfallhergang erstellt. Das erste hatte angeblich noch Fragen offen gelassen.

Wie berichtet gibt die Staatsanwaltschaft einer Berliner Polizistin die Schuld an dem Unfall. Sie soll bei der Auffahrt auf die Autobahn die Witterung und die Straßenverhältnisse nicht genügend beachtet haben. Ihr Anwalt Carsten Hoenig war der Ansicht, dass dieses Verhalten „nicht die alleinige Ursache“ gewesen sein kann. Er regte an, genau zu prüfen, ob der bauliche Zustand dieses Teils des Schönefelder Kreuzes den Unfall nicht zumindest begünstigt haben könnte. „Die Lage der Pfeiler, an die der Bus prallte, die Enge der Auffahrtkurve und die Kürze der Beschleunigungsspur könnten Faktoren sein, die zu berücksichtigen sind“, sagte er.

Der Fahrer des polnischen Reisebusses war der 38-jährigen Berlinerin ausgewichen und dabei gegen die Pfeiler geprallt. Sein Anwalt Radoslaw Niecko kritisiert, dass sich die deutschen Behörden mit der Eröffnung des Prozesses zu viel Zeit gelassen hätten. Viele Opfer warteten noch auf Entschädigungszahlungen, und auch für den Busfahrer sei die lange Zeit eine große seelische Belastung. Außerdem wurde dem Fahrer aufgrund einer schweren Augenverletzung inzwischen eine Hornhaut transplantiert. Noch sei unklar, ob seine Sehkraft ausreichen wird, um wieder in seinem Beruf als Busfahrer arbeiten zu können.

Ein Sprecher des Landgerichts wies die Vorwürfe Nieckos ein weiteres Mal zurück. Man habe mit dem weiteren Gutachten lediglich der Sorgfaltspflicht Genüge getan, sagte er.

Der Berliner Experte und Sachverständige für Straßenverkehrsunfälle, Hartmut Rau, hatte den Unfallablauf im vergangenen Herbst mit Experten direkt am Schönefelder Kreuz rekonstruiert. Anwalt Niecko war dabei und ist sich auch deshalb sicher: „Das Gericht wird die Anklage zulassen.“

Inzwischen haben alle Beteiligten das neue Gutachten eingesehen, es gibt also keinen Grund, die Entscheidung noch einmal zu vertagen. In den nächsten Tagen soll eine Entscheidung fallen. Sandra Dassler

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