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Berlin: 16 Daten von jedem Schüler

Geplante Datei ist umstritten: Grüne befürchten, dass sich Lehrer zu Hilfssheriff der Polizei machen lassen.

Lob und Tadel für die rot-rote Koalition: Die geplante zentrale Schülerdatei wurde am Dienstag sehr unterschiedlich aufgenommen. Während die Grünen vor dem „gläsernen Schüler“ warnten und die Freien Schulen ebenfalls auf Distanz gingen, hegt der Datenschutzbeauftragte kaum Bedenken gegenüber dem Gesetzesentwurf, der am Donnerstag in das Abgeordnetenhaus eingebracht wird.

Die zentrale Schülerdatei, die zum neuen Schuljahr bereits Anwendung finden soll, umfasst nach den Plänen von SPD und Linkspartei insgesamt 16 Daten vom Namen bis hin zu besonderem Förderbedarf jedes einzelnen Berliner Schülers. Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) wünscht sich die Datei seit langem, weil er andernfalls nicht genau weiß, wie viele Lehrer er zum neuen Schuljahr einstellen muss.

Eine Ursache für die Unsicherheit sind die Mehrfachanmeldungen: Viele Eltern versuchen auf diese Weise, sich verschiedene Optionen offen zu halten, um schließlich die beste Schule auswählen zu können. Damit dürfte es vorbei sein, wenn die Datei eingeführt wird.

Der Datensatz soll der Polizei ermöglichen, festzustellen, wo ein Schüler zur Schule geht. „Wenn sich Jugendliche im Internet zu einer Massenschlägerei auf dem Schulhof verabreden, kann die Polizei nicht herausfinden, auf welche Schule er geht“, erklärt SPD-Innenexperte Thomas Kleineidam eine mögliche Anwendung der neuen Datei. Damit die Polizei keinen unbeschränkten Zugang auf die Daten hat, soll in der Bildungsverwaltung eine spezielle Stelle eingerichtet werden, die der Polizei die benötigten Angaben liefert, „soweit dies im Einzelfall zur Abwehr einer konkreten Gefahr erforderlich ist“, heißt es im Gesetzesentwurf. Auch Strafverfolgungsbehörden sowie die Bewährungshilfe für Jugendliche sollen diese Möglichkeit erhalten.

„Ich begrüße das sehr“, sagt Jugendrichterin Kerstin Heise, die für das Neuköllner Rollbergviertel zuständig ist. Sie betont, dass nahezu alle Intensivtäter bereits eine Schwänzerkarriere hinter sich hatten. „Die Zusammenarbeit mit der Schule ist fundamental“, lautet Heisigs Erfahrung. Wenn sie einem jugendlichen Straftäter zur Auflage mache, die Schule regelmäßig zu besuchen, müsse sie unbedingt auch zu dessen Lehrern Kontakt halten. Vor allem bei den sogenannten Wanderpokalen, also Jugendlichen, die von Schule zu Schule verwiesen werden, sei es unerlässlich, zu erfahren, welche Schule aktuell zuständig ist.

Die Grünen sehen das anders. Sie warnten am Dienstag vor „Datenschnüffelei in den Schulen“, wenn die Datei in der geplanten Form komme. „Aufgabe der Schule ist nicht, als Hilfssheriff den Sicherheitsbehörden zu dienen“, betonten Bildungspolitiker Özcan Mutlu und der datenschutzpolitische Sprecher der Grünen Benedikt Lux.

Auch die Freien Schulen warnten vor einem „übertriebenen Datenhunger“. Hier werde „tief in das informationelle Selbstbestimmungsrecht von Schülern und Eltern eingegriffen“, warnten die Sprecher aller großen Privatschulverbünde.

Eine zentrale Datei berge immer Risiken, sagte auf Anfrage Thomas Petri, Stellvertreter des Datenschutzbeauftragten. Der jetzt vorliegende Entwurf stelle aber sicher, dass es nur einen sehr eingeschränkten Zugriff geben werde.

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