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Berlin: 16 neue Briefe - die Stadt kommt nicht zur Ruhe

Am Donnerstag haben erneut mehrere Briefe mit weißem Pulver ihre Adressaten in Berlin erreicht. Die Polizei stellte 16 verdächtige Umschläge sicher und ermittelte einen Absender eines Drohbriefes.

Am Donnerstag haben erneut mehrere Briefe mit weißem Pulver ihre Adressaten in Berlin erreicht. Die Polizei stellte 16 verdächtige Umschläge sicher und ermittelte einen Absender eines Drohbriefes. Und obwohl sich alle Sicherheitsbehörden einig sind, dass keine konkrete Gefahr besteht - eines zumindest bewirken die Trittbrettfahrer der Milzbrandangst: Das öffentliche Leben wird zunehmend gestört.

Im Bundesumweltministerium entdeckten Mitarbeiter einen auffälligen Brief in der Postverteilstelle. In dem Kuvert, das in einen separaten Raum gebracht wurde, befand sich eine offene Plastiktüte mit weißem Pulver. Die Arbeit in der Poststelle wurde vorsichtshalber zunächst eingestellt. Der Brief war nach Polizeiangaben an den Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) adressiert. Auch im US-Generalkonsulat in der Clayallee ging ein verdächtiger Brief ein. Im Briefverteilzentrum in Schönefeld wurde zudem in der Nacht zu Donnerstag für kurze Zeit der Betrieb unterbrochen, weil eine verdächtige Sendung entdeckt worden war.

Zum Thema Foto-Tour: Weltweite Angst vor Milzbrand Stichwort: Milzbrand Trittbrettfahrer: Empfindliche Strafen Seit dem 10. Oktober registrierte die Polizei bereits über 70 derartige verdächtige Briefe. Alle darin bisher gefundenen Substanzen haben sich als harmlos erwiesen. Doch mit jedem Verdachtsfall liegt zunächst der Betrieb in Postverteilzentren oder den betroffenen Einrichtungen lahm. Außerdem laufen die vorbeugenden Maßnahmen von Polizei und Feuerwehr an - sollte sich doch einmal ein gefährlicher Brief finden. Der Umfang der Einsätze richtet sich nach der Gefahreneinschätzung der Polizei.

Auch die beiden Speziallabore des Berliner Betriebs für zentrale gesundheitliche Aufgaben sind nach den Worten des Sprechers der Gesundheitsverwaltung, Klaus-Peter Florian, "hoch belastet". Auch wenn sich bei manchen Briefen der Inhalt selbst von Laien schnell und gefahrlos identifizieren lässt: Etwa der Teebeutel, der einem Apotheker von einer Firma als Warenprobe zugeschickt wurde. Als der Tee beim Schütteln des Umschlags raschelte, alarmierte der Mann die Polizei. In einer BMW-Niederlassung wurde ein Brief gefunden, der ein Pulver gegen Fußpilz enthielt. In den beiden Laboren können täglich bis zu 20 Tests auf Milzbranderreger gemacht werden. Von den insgesamt 67 sichergestellten Substanzen untersuchen diese Labors 44. 19 Proben sind bereits negativ getestet, bei den restlichen 25 stehen die endgültigen Ergebnisse noch aus. Weitere Tests finden im Robert-Koch-Institut (RKI) statt, insbesondere, wenn Bundesbehörden betroffen sind. Auch das RKI ist nach Aussagen einer Sprecherin überlastet. Dort meldeten sich bisher über 500 besorgte Anrufer, die vor allem wissen wollten, ob eine Impfung sinnvoll sei und welche Antibiotoka zur Vorbeugung und Therapie in Frage kommen. Die Servicetelefon des Robert-Koch-Instituts 01888 754 34 30 ist montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr erreichbar, aber stark frequentiert. Weitere Informationen bietet das RKI im Internet unter www.rki.de .

Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sammelte am Donnerstag - wie derzeit regelmäßig - die Sicherheitsbehörden zur Lagebesprechung. Auch die Briefe der Trittbrettfahrer standen auf der Tagesordnung. Nach der Sitzung sagte Körting, "es gibt nicht den Hauch eines Ansatzes, dass Deutschland als Ziel eines Anschlages gewählt werden könnte". Zudem sei "die Möglichkeit, in Deutschland an Milzbrandsporen zu kommen, nach unseren Erkenntnissen sehr gering". Einzig den Versuch verrückter Einzeltäter könne man nicht ganz ausschließen. Körting lehnte eine Erhöhung des Strafmaßes für Trittbrettfahrer am Donnerstag ab, jedoch müsse der Strafrahmen von bis zu 3 Jahren Haft auch ausgeschöpft werden. Diese Auffassung teilt Justizsenator Wolfgang Wieland (Grüne). Wieland warnte zudem, Trittbrettfahrer müssten auch die Kosten der jeweiligen Einsätze tragen: "Jeder Trittbrettfahrer muss sich darüber im Klaren sein, dass er sich finanziell ruiniert."

In Berlin wurde unterdessen ein weiterer Trittbrettfahrer ermittelt. Es handelt sich um einen 24-jährigen Studenten, der auf einen Briefumschlag an den Geschäftsführer einer Firma in Hohenschönhausen "Dschihad" geschrieben hatte. Als der 29-jährige Geschäftsmann den Umschlag sah, benachrichtigte er die Polizei, die daraufhin die Umgebung des Firmensitzes an der Grabbeallee weiträumig absperrte. Der Student legte ein Geständnis ab.

Von Innenenminister Schilly erhielten die Feuerwehren in Berlin und Brandenburg gestern 12 ABC-Erkundungsfahrzeuge, die bei atomaren oder chemischen Alarm zu Untersuchungen eingesetzt werden können. Für biologische Gefahrenlagen seien sie nicht geeignet, sagte Berlins Feuerwehrchef Albrecht Broemme. Es sei jedoch schon lange vor dem 11. September geplant gewesen, die Fahrzeuge in Betrieb zu nehmen.

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