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Die Masern grassieren wieder.

© dpa

19 Fälle gemeldet: Berlin befürchtet neue Masernwelle

Jeden Tag werden in Berlin mehr Fälle von Masern gemeldet. Gesundheitssenatorin Kolat warnt davor, die Krankheit zu unterschätzen. AfD für Impfpflicht.

Von Fatina Keilani

Die Masern sind wieder da. Waren es am Mittwoch noch 17 Fälle in Berlin, so wurden am Donnerstag bereits 19 Erkrankungen gemeldet. Sie verteilen sich auf sieben Berliner Bezirke. Die meisten davon, nämlich neun Masernerkrankungen, sind in Reinickendorf aufgetreten. Die weiteren Fälle verteilen sich auf Mitte (3), Spandau (2), Marzahn-Hellersdorf (2), Friedrichshain-Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und Treptow-Köpenick (jeweils 1).

Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) rief die Berliner dazu auf, ihren Impfstatus zu kontrollieren und sich gegen Masern impfen zu lassen. Masern seien keine harmlose Kinderkrankheit, sondern könnten mit schweren Komplikationen einhergehen und tödlich enden. Einen Todesfall gibt es bisher aber nicht. Je nach der Art und Menge der Kontakte von Erkrankten mit anderen, nicht geimpften Menschen kann die Zahl aber sehr schnell explodieren. „Es ist nicht vorhersehbar, wie sich das entwickelt“, sagte Dirk Werber, Fachgruppenleiter Infektionsepidemiologie beim Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso). Jeder Fall sei einer zu viel.

Normalerweise werden Kinder noch vor dem zweiten Geburtstag zweimal geimpft. Eine Auswertung des Robert-Koch-Instituts hat allerdings ergeben, dass dies vielfach zu spät geschieht. Und: Besonders unter Eltern in Großstädten sind auch viele Impfverweigerer zu finden. Unter den Berliner Kindern des Jahrgangs 2013 hatten bei der Erhebung 7300 keinen ausreichenden Masern-Impfschutz.

Debatte um Impfpflicht

„Ich richte an die Eltern den dringenden Appell, ihre Kinder impfen zu lassen“, sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Gottfried Ludewig dem Tagesspiegel. „Sie tragen nicht nur Verantwortung für ihr Kind, sondern auch für die, mit denen ihr Kind in Berührung kommt und die es möglicherweise ansteckt.“ Ludewig fordert, über Möglichkeiten für eine Impfpflicht zumindest nachzudenken; außerdem könnten Schulen und Kitas es zur Bedingung für die Aufnahme eines Kindes machen, dass dieses geimpft sei. Das sieht auch der FDP-Gesundheitspolitiker Florian Kluckert so. Zu den berüchtigten „Masernpartys“, bei denen Eltern ihre Kinder gezielt mit erkrankten Kindern zusammenbringen, sagte Kluckert: „Diese Eltern handeln unverantwortlich und machen sich gegebenenfalls strafbar.“ Die AfD kann sich eine Impfpflicht durchaus vorstellen. „In Amerika sind die Masern dadurch ausgerottet worden“, sagt ihr Gesundheitspolitiker Herbert Mohr.

„Eine Impfpflicht ist nicht verfassungsgemäß, weil sie das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit berührt“, sagte hingegen der Leiter des Reinickendorfer Gesundheitsamts, Patrick Larscheid. Er sieht eine Impflücke in der Generation junger Erwachsener – gerade die gut gebildete Schicht im dritten und vierten Lebensjahrzehnt spiele eine herausragende Rolle bei der Verbreitung der Masern, da sie sich in vielen sozialen Kontexten bewege und viel mit Menschen in Berührung komme.

Der letzte größere Masern-Ausbruch in Berlin von Oktober 2014 bis August 2015 umfasste 1344 Fälle.

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