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Berlin: 26 000 Tonnen - doch es ging um Millimeter. Am Wochenende feiert man unter dem Wahrzeichen Jubiläumsfest

Der Fernsehturm, der jetzt 30 Jahre am Alexanderplatz steht, sollte ursprünglich in den Müggelbergen oder im Volkspark Friedrichshain gebaut werden. Im Zusammenhang mit der Neugestaltung der Ost-City entschied die DDR-Führung (und hier besonders der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht), den Turm als "Höhendominante" mitten ins Zentrum zu stellen.

Der Fernsehturm, der jetzt 30 Jahre am Alexanderplatz steht, sollte ursprünglich in den Müggelbergen oder im Volkspark Friedrichshain gebaut werden. Im Zusammenhang mit der Neugestaltung der Ost-City entschied die DDR-Führung (und hier besonders der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht), den Turm als "Höhendominante" mitten ins Zentrum zu stellen. Außerdem sollte er die Marienkirche überragen. Die Autorenschaft ist umstritten. In einem DDR-Architekturführer steht, dass der Turm "nach einer Gestaltungsidee von Hermann Henselmann mit Jörg Streitparth und Kollektiv und nach Entwürfen von Fritz Dieter, Günter Franke und mehreren Kollektiven (Konstruktion Werner Ahrendt) als 365 Meter hohes neues Wahrzeichen Berlins und zweithöchstes Bauwerk Berlins" errichtet wurde.

Die Mitarbeiter des VEB Industrieprojektierung (Ipro) Fritz Dieter und Günter Franke erzählten 1968, als der Turm im Bau war, wie sie nach der günstigsten architektonischen Lösung, vor allem des Kopfes, gesucht hatten: "Der exponierte Standort verlangte eine einprägsame, charakteristische Form. Natürlich war nicht sofort die Kugel da. Zylinder, Scheiben, Kegel und was sonst noch technisch möglich war tauchten in 40, 50 Entwürfen auf. Aber all das gefiel uns nicht so recht. Bis einer von uns auf die Kugel kam. Sie ging uns nicht mehr aus dem Kopf, sie war an einem solchen Bauwerk noch nie da". Von unten gesehen sollte da oben keine graue Betonscheibe hängen, deshalb kamen die Architekten auf die Lösung mit der Metallhülle aus Nirosta-Stahl, die die Kugel überzieht. Das silberne Endprodukt brachte ihnen eine Menge Ärger ein, denn Sonnenschein formte auf der Außenhaut ein Kreuz: Mit "Sankt Walter" hatte der Turm seinen Spitznamen weg, man nannte ihn auch "Ulbrichts Renommierstängel". "Telespargel" war mehr für den offiziellen Sprachgebrauch.

Der Bau wurde am 4. August 1965 begonnnen. 26 000 Tonnen, das sind 216 Lokomotiven oder 866 Güterwagen voller Kohle, stehen auf einem 32 Meter breiten Turmfuß, die Last der Kugel ist mit 4800 Tonnen so groß, als hätte man da oben 40 Loks aufgehängt. Beim Bau war die einzelnen Stahl-Segmente auf der Erde am Fuß des Turms montiert und nach oben gehievt worden. Statiker Werner Ahrendt sagt auf die viel gestellte Frage nach der Standfestigkeit: "Wir haben dem Turm als Modell im Windkanal den Orkan um die Ohren pfeifen lassen. Beton ist biegsam und elastisch. Der breite Fuß verleiht dem Turm die notwendige Standsicherheit." Bis heute ist nichts Nennenswertes passiert, blieb einmal ein Lift irgendwo in der Betonröhre auf seinem Weg zum 203 Meter hohen Aussichtsgeschoss stecken, stiegen die Fahrgäste in den zweiten um.

Der Turm ist zwar eine Touristenattraktion mit einem freundlichen, tags und besonders nachts faszinierenden Restaurant in 207 Metern Höhe, zunächst aber ist er ein von der Deutschen Post gebauter und nun von der Telekom genutzter Funk- und Fernsehturm. Die Kugel hat fünf Etagen mit technischen Einrichtungen. Die von hier ausgestrahlten 20 Radio- und Fernsehsender haben eine Reichweite bis zu 100 Kilometer. Beim Bau, vor über 30 Jahren, war das wohl kniffligste Problem, die Technik in den Betonschaft zu stopfen. Günter Franke: "Da war das neun Meter dicke Rohr, wie ein Fichtenstamm, und da musste alles rein: Fahrstühle, Leitungen, Rohre, eine Treppe mit 1000 Stufen . . . es ging um Millimeter."

80 Ipro-Leute haben den Turm projektiert, viel mehr haben ihn unter der Leitung von Chefingenieur Gerhard Frost gebaut, Millionen haben ihre Freude am Blick von dem Langen, der 50 Kilometer weit zu sehen ist und nach allen Seiten zu grüßen scheint. Zum 30-jährigen Jubiläum gibt es heute und morgen rund um den Turm ein Fest der Telekom. Und wer zur Fete des ORB am 2. Oktober seinen persönlichen Fernsehturm, ob in der Schneekugel oder als Gartendekoration, mitbringt, nimmt an einer Verlosung teil und hat die Chance, eine Reise zu einem anderen Turm zu gewinnen - zum Eiffelturm nach Paris.

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