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3. Oktober: Einheitsfest ganz ohne Feier

Das 20. Jubiläum des Mauerfalls wurde mit viel Feuerwerk, Liveübertragung und Prominenz zelebriert. Das Jubiläum der Wiedervereinigung am 3. Oktober 2010 wird von offizieller Seite dagegen links liegen gelassen.

Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, Nobelpreisträger, ein prächtiges Feuerwerk über dem Brandenburger Tor und 1000 umfallende Dominosteine, dazu zehntausende Zuschauer und eine Liveübertragung im Fernsehen – den 20-jährigen Jahrestag des Mauerfalls im Herbst inszenierte Berlin in ganz großem Stil. Das 20. Jubiläum der Wiedervereinigung am 3. Oktober 2010 wird von offizieller Seite dagegen links liegen gelassen. Senat und Bundesregierung wollen sich nur an der zentralen Feier in Bremen beteiligen. Politiker aus Opposition und Linkspartei sind empört.

„Berlin plant keine separate Veranstaltung“, so der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit in der Antwort auf eine kleine Anfrage. Der Grund für die Absage: Die Feier der Wiedervereinigung finde traditionell immer in dem Land statt, das zum Zeitpunkt der Feier den Vorsitz im Bundesrat hat, in diesem Fall Bremen. Diesen offiziellen Festakt wolle man nicht mit einer Veranstaltung in Berlin torpedieren, erklärte der stellvertretende Senatssprecher Günter Kolodziej. Die Bundesregierung plane ebenfalls kein Fest in der Hauptstadt, bestätigte ein Regierungssprecher.

Die Opposition reagiert mit Unverständnis auf die Entscheidung. Der Senat vernachlässige Berlins Identität und Geschichte, kritisierte Michael Braun, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Die staatliche Einheit müsse angemessen in Berlin gefeiert werden. Widerstand kommt auch von der FDP: Es sei „völlig abwegig, nichts zu machen“, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Klaus-Peter von Lüdeke. Berlins Einwohner und Touristen würden eine offizielle Feier erwarten. Selbst aus den Reihen des Koalitionspartners kommt Gegenwehr. Wolfgang Brauer, kulturpolitischer Sprecher der Linken, kritisierte die „Fehlentscheidung der Senatskanzlei“ als „inhaltlich und politisch falsch.“ Es sei undenkbar, dass das Abgeordnetenhaus den Jahrestag ignoriere.

Die Grüne Alice Ströver ist von der Senatsentscheidung überrascht. Sie ärgere, „wie offensichtlich ignorant“ sich Berlin verhalte. Sie ist überzeugt: Hätten Bund oder Land mit Bremen gesprochen, hätten die offiziellen Feierlichkeiten sogar nach Berlin verlegt werden können. Nur in der Hansestadt zu feiern, sei „hochgradig absurd.“ Senatssprecher Kolodziej glaubt allerdings nicht an Verständnis aus Bremen. Außerdem wolle Berlin den anderen Bundesländern nicht auf die Füße treten und beanspruche deswegen keinen Sonderstatus für sich. Zugleich macht Kolodziej ein wenig Hoffnung: Dass in Berlin doch noch offiziell gefeiert wird, will er nicht völlig ausschließen.

Die Tourismusbranche reagiert gelassen auf den Senatsentscheid. Bei der Berlin Tourismus Marketing glaubt man nicht daran, dass die fehlende Feier sich negativ auf die Zahl der Berlin-Besucher auswirken wird. „Das sind alles Spekulationen“, sagt der BTM-Vorsitzende Burkhard Kieker. Auf eine Wiedervereinigungsparty müssen Berliner und Touristen trotz der Absagen nicht verzichten: Am Einheits-Wochenende ist auf der Straße des 17. Juni von einem privaten Eventunternehmen ein dreitägiges Fest geplant. Christoph Spangenberg

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