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Das Yaam am Spreeufer gegenüber dem Ostbahnhof.

© dpa

60 Tage bis zur Räumung: Kulturclub Yaam vor dem Aus

Der Grundstückseigentümer hat dem Betreiber des "Yaam" am Ostbahnhof gekündigt. Er fordert die Räumung binnen 60 Tagen. Die Betreiber wollen nun vom Senat eine Lösung, damit der Treffpunkt für Jugendliche erhalten bleibt.

Die Tage des Jugend- und Kulturclubs Yaam auf der Brache gegenüber vom Ostbahnhof sind gezählt: Binnen 60 Tagen müssen die Veranstaltungshalle, die Trainingsplätze, die Bar, Cafés und Gastronomie-Buden auf dem 8900 Quadratmeter großen Grundstück verschwunden sein. Eine entsprechende Frist hat der Eigentümer des Grundstückes, die spanische Immobilienfirma „Urnova“, in seiner Kündigung gesetzt, die Yaam-Betreiber Ortwin Rau zugestellt wurde.

„Der Eigentümer möchte über sein Grundstück frei disponieren“, sagte Urnova-Rechtsanwalt Tilman Scheffczyk aus der Kanzlei Dill und Partner. Von einem konkreten Baubeginn ist ihm nichts bekannt. Die Kündigung richte sich nicht gegen das Yaam, mit dem man „mehr als vier Jahre eine gute Zusammenarbeit hatte“. Die Kündigung kam für Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) „völlig überraschend“. Auch er wisse nichts von einem Baubeginn. Schulz sagt: „Wir hatten das Agreement, dass erst geräumt werden muss, wenn die Bagger kommen“, doch das bestreiten die Urnova-Anwälte. Für Schulz ist das Yaam eine „enorm wichtige“ Kultureinrichtung, weil sie weniger kommerziell als das Kater Holzig und ein „wirklich offener“ Treffpunkt für Jugendliche aller Kulturen ist.

Auch Berlin profitiert enorm von dem Graffiti-bunten Sport- und Musikareal, das in unzähligen Fremdenführern und Youtube-Videos das junge Image der Stadt prägt. Zur „Graffiti-Box“ kommen bekannte Streetart-Künstler und gut 5000 Besucher. Reggae-Bands bestimmen das Konzert-Programm. Schüler bekommen die wohl weltweit entspannteste Lektion in Toleranz für andere Kulturen. „Bei uns klappt Multikulturalität, im Gegensatz zu dem was Herr Buschkowsky sagt“, so Betreiber Rau. Etwa eine viertel Million Menschen kommen jährlich, schätzt er. Die Band-Mitglieder von Seeed und Culcha Candela sollen sich im Yaam-Umfeld kennengelernt haben, das zuvor in Kreuzberg stand. Das seinerzeit geräumte Grundstück liegt bis heute brach. Yaam-Chef Rau fürchtet deshalb, dass sein Verein „erneut ohne Not“ des Feldes verwiesen werden könnte. „Jetzt ist der Senat gefordert“, sagt er – und hofft auf eine Lösung im Rahmen der Neuen Liegenschaftspolitik des Landes.

Eine rechtskräftige Baugenehmigung für das Areal gibt es schon. Drei Einzelgebäude, die in einem Winkel von 90 Grad zur Spree aufgestellt sind, dürfen errichtet werden. Und theoretisch könnte ein Investor von heute auf morgen mit den Arbeiten beginnen. Aber damit rechnet Bürgermeister Schulz nicht. Gerüchte über einen Verkauf der Grundstücke machen seit Jahren die Runde. Hochtief galt als ein Interessent, doch bestätigt wurde das nie.

Die Suche nach einem Ersatzgrundstück für den Jugendclub verlief nach Angaben von Rau bisher erfolglos. Allerdings würde „uns eine Fläche in Marzahn oder Hohenschönhausen auch nicht helfen“, sagt er. Viele Besucher stammen aus den benachbarten Quartieren und das Yaam arbeitet mit den Streetworkern von „Gangway“ zusammen, um Jugendliche in Not aufzufangen.

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