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@9Nov38: Geschichte neu gezwitschert

Twitterer erzählen die Ereignisse von 1938 in Tweets nach.

Heute vor 75 Jahren brannten in Deutschland die Synagogen. Die historischen Ereignisse lassen sich am heutigen Sonnabend im Kurznachrichtendienst Twitter („Gezwitscher“) mitverfolgen, als würden sie heute geschehen. Fünf Historikerinnen und Historiker dokumentieren die Gräuel im Account @9Nov38 und berichten auch über die Zeit vor und nach den Stunden der Eskalation. Am 28. Oktober vermeldete ihr erster Eintrag die Ausbürgerung von 15 000 polnischen Juden, seitdem rekonstruiert das vom Heidelberger Historiker Moritz Hoffmann betreute Projekt das Damals im Minutentakt, tagesaktuell korrekt, nur eben 75 Jahre später.

140 Zeichen hat ein Tweet, oft um Links zu Fotografien und historischen Zeitungsartikeln ergänzt. Es ist eine leicht begreifbare Art der Geschichtsvermittlung, Erinnerungskultur an der Naht zwischen Wissenschaft und Unterhaltung, der Livetickercharakter erschließt neue Zielgruppen – weil man, um mitzulesen, keinen eigenen Account braucht.

Einzusehen sind die Nachrichten für jedermann, auf der Twitter-Startseite muss nur der Name „@9Nov38“ ins Suchfeld eingetragen werden. Twhistory heißt die in den USA entstandene Methodik, historische Ereignisse nachzuerzählen. Der MDR rekonstruierte im vergangenen Jahr den Mauerfall, in salopperem Jargon allerdings, es gibt außerdem Profile zu den Weltkriegen, zum Untergang der Titanic, zur Mordserie von Jack the Ripper – und zu Goethes Faust.

Moritz Herrmann

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