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Berlin: Ab in die Box

In den Bezirken lagern 20 Tonnen Stimmzettel gutverschlossen – und 1,9 Millionen Blatt Wahlunterlagen kommen neu hinzu

Die Lager der Bezirksämter werden noch ein wenig voller: genau 1 896 006 Stimmzettel, die am Sonntag in Berlin abgegeben wurden, müssen neben viel anderem Papier aufbewahrt werden, weil Einsprüche und Anfechtungen drohen können. Viele Tonnen Papier kommen also zu den bereits archivierten Unterlagen, die von der Wahl zum Abgeordnetenhaus vor knapp einem Jahr ebenfalls noch verwahrt werden müssen. Und der Inhalt der gut verschlossenen Behälter wird die Bezirksämter unter Umständen noch über Jahre beschäftigen – erst 60 Tage vor der nächsten Bundestagswahl werden die Lager endgültig geräumt.

Im Moment haben noch nicht einmal die Kreiswahlausschüsse getagt, die das amtliche Endergebnis feststellen. Erst dann werden die fast 1,9 Millionen Stimmzettel endgültig verpackt. Aufgehoben werden müssen sie, so Horst Schmollinger, der Leiter der Geschäftsstelle des Landeswahlleiters, „bis alle Einspruchsfristen endgültig enden“.

Nach dem Wahlprüfungsgesetz können alle Wahlberechtigten, aber auch die Wahlleiter, innerhalb von zwei Monaten Einwände geltend machen. Die Rechte des Bundestagspräsidenten gehen allerdings noch weiter: Werden ihm „in amtlicher Eigenschaft“, so der Gesetzestext, „Umstände bekannt, die einen Wahlmangel begründen könnten“ kann er innerhalb eines Monats nach dem Bekanntwerden Einspruch einlegen. Hier gibt es keine weitere Frist.

Bei Einsprüchen tritt der Wahlprüfungsausschuss der Bundestags zusammen, und für dessen Ermittlungen werden unter Umständen auch die Stimmzettel nochmals benötigt. Dann sind die Hausmeister und Archivare der Bezirksämter gefragt. Sie müssen die „nicht allgemein zugänglichen Behälter“ (Schmollinger) wieder ans Tageslicht befördern. In Schöneberg beispielsweise nutzt des Bezirksamt die Räume der ehemaligen Bezirkskasse, wo die Unterlagen sicher lagern: „Hinter Gittern, aber jederzeit zugänglich“, so Jens Eismann vom Tempelhof-Schöneberger Wahlamt.

Gebraucht werden die Stimmzettel nach der Feststellung des amtlichen Endergebnisses allerdings nur selten. In Berlin gab es seit 1990 keinen Fall, in dem bereits endgelagerte Stimmzettel nochmals bearbeitet werden müssten. So warten die Bezirksämter schon wegen des Platzbedarfs auf den Anruf aus dem Büro des Landeswahlleiters, in dem er die Stimmzettel zur Vernichtung freigibt. Dann geht es an die großen Aktenvernichter, wo die Unterlagen kartonweise zerkleinert werden können.

Schließlich rollen Lastwagen an und holen 20 Tonnen Altpapier gewordenen Wählerwillen ab: So viel wiegen in etwa allein die Stimmzettel, die am Sonntag angekreuzt wurden, dazu kommen noch Protokolle und Niederschriften. Jörg-Peter Rau

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