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Berlin: Ab jetzt links außen

Klaus Wowereit hört als SPD-Vizechef auf.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das war’s dann wirklich. Der Regierende Bürgermeister und stellvertretende SPD-Chef Klaus Wowereit gibt sein Amt in der Parteiführung erwartungsgemäß auf. Er hatte dies schon vor der Bundestagswahl am 22. September entschieden, bestätigte aber erst am Freitag, dass er nicht wieder für den Bundesvorstand der Sozialdemokraten kandidiert. Die Parteiführung wird im November neu gewählt. Wowereit machte dafür „ganz persönliche Gründe“ geltend. Und es seien „jetzt mal andere dran“.

Als Rückzug aus der Bundespolitik will Berlins prominentester SPD-Politiker dies nicht verstanden wissen. Er sei als Regierender Bürgermeister im Bundesrat präsent und werde an den Sitzungen des SPD-Vorstands weiterhin aktiv teilnehmen, sagte Wowereit am Freitag. Im November 2009 wurde er erstmals zum Vize-Parteichef gewählt und zwei Jahre später im Amt bestätigt. Er galt als moderater Vertreter der SPD-Linken und war im Parteivorstand zuständig für die Großstadt- und Integrationspolitik.

Der SPD-Landeschef Jan Stöß sprach Wowereit „ausdrücklich meinen Dank für die letzten vier Jahre als stellvertretender Bundesvorsitzender aus“. Er stehe für moderne Metropolen- und weltoffene Integrationspolitik. Ihm sei es zu verdanken, dass sich die SPD nach der Niederlage bei der Bundestagswahl 2009 programmatisch neu aufgestellt habe. Stöß glaubt, dass sich Wowereit auch ohne Parteiamt „weiterhin laut vernehmbar für Berlin starkmachen wird“.

Stöß wird im SPD-Vorstand nicht die Nachfolge Wowereits antreten. Aber der Berliner Landesvorstand nominierte ihn am 2. September einstimmig als Beisitzer im Bundesvorstand. Neu gewählt wird die Parteiführung am 15. November auf einem Bundesparteitag in Leipzig. Für den vakanten Sitz in der engen Parteiführung bieten sich gleich mehrere Ministerpräsidenten sozialdemokratisch geführter Bundesländer an. Der Vorgänger Wowereits als SPD-Vize war der Berliner Bundestagsabgeordnete Wolfgang Thierse, der das Parteiamt von 1990 bis 2005 ausübte und noch bis 2009 als Beisitzer der Parteiführung angehörte.

Vor vier Jahren, nach der verheerenden Niederlage der SPD bei der Bundestagswahl, gehörte Wowereit zu denen, die sich für eine personelle Erneuerung der Parteiführung starkmachten. Die scharfe Kritik an Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier, die von den linken Berliner Genossen für das Wahldesaster verantwortlich gemacht wurden, trug er damals allerdings nur halbherzig mit. Jetzt nimmt Berlins Regierender Bürgermeister, der am 2. Oktober 60 Jahre alt wurde, selbst am Generationswechsel in der Bundes-SPD teil. Frühere Hoffnungen, vielleicht sogar persönliche Erwartungen, SPD-Kanzlerkandidat oder wenigstens Bundesminister zu werden, erfüllten sich nicht.

Immerhin wurde ihm 2009 angeboten, neuer Parteichef (und nicht nur Vize) zu werden. Diese Offerte schlug Wowereit aus. Ansonsten wäre er der dritte Berliner Regierungschef gewesen, der die Bundes-SPD anführte. Willy Brandt war von 1964 bis 1987 Parteivorsitzender, ihm folgte bis 1991 Hans-Jochen Vogel nach. Der Berliner SPD-Landesverband stellte auch zwei Generalsekretäre: Von 1976 bis 1981 der enge Brandt-Vertraute und frühere Senatssprecher Egon Bahr. Und von 2004 bis 2005 der Bundestagsabgeordnete Klaus Uwe Benneter.

Darüber hinaus war es für die kleine Berliner SPD, die auf Bundesparteitagen nur zwei Dutzend Delegierte stellt, oftmals schwierig, sich bei Vorstandswahlen zu behaupten. Vor allem in der Nachwendezeit. So fiel der ehemalige SPD-Landeschef Peter Strieder 2001 auf einem Bundesparteitag krachend durch. Der frühere Landesvorsitzende Ditmar Staffelt hielt sich nur zwei Jahre (1993 bis 1995) als Beisitzer im SPD-Parteivorstand. Auch der heutige Senatskanzlei-Chef Björn Böhning war (von 2005 bis 2007) lediglich zwei Jahre gewähltes Vorstandsmitglied. Nur die ehemalige Berliner Senatorin und Bundesministerin Christine Bergmann wurde als Beisitzerin (1995 bis 2004) mehrfach wiedergewählt. Ulrich Zawatka-Gerlach

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