zum Hauptinhalt

Berlin: Ab mit dem Lack

Bei der U-Bahn wird ein neues Farbkonzept getestet – nicht zum ersten Mal. Ein Pro & Contra

„Sonnengelb“ wie bisher oder in Edelstahl – noch weiß die BVG nicht, wie ihre neuen U-Bahnen, die sie bestellen will, aussehen werden. Derzeit fährt ein „Edelstahl-Testzug“ auf der U 2 zwischen Pankow und Olympiastadion. Die BVG hat den Zug mit grauen Folien verklebt, die den Edelstahl-Look erzeugen sollen; nur die Türen und die Frontseiten sind gelb geblieben. Entscheiden will sich die BVG erst, wenn potenzielle Hersteller neuer Züge ihre Ideen vorgelegt haben.

Anders als bei der S-Bahn gibt es bei der Schwester im Untergrund keine Traditionsfarben. Die beiden Versuchswagen, die die damalige Hochbahngesellschaft vor der Eröffnung der ersten Strecke 1902 getestet hatte, waren blau lackiert. Bei der Serienlieferung entschied man sich dann aber anders. Weil es damals noch eine 2. und eine 3. Klasse gab, sollten sich diese Wagen auch optisch unterscheiden: Der Wagen für die 3. Klasse war im Fensterbereich weiß und darunter gelb; der vornehmere 2.-Klasse-Wagen dagegen oben weiß und unten rot.

Die Wagen der modernen Hochbahn sollten sich deutlich vom Dunkelgrün der Eisenbahn im Stadt-, Ring- und Vorortverkehr abheben, weiß Norbert Walter von der Arbeitsgemeinschaft Berliner U-Bahn, die sich ehrenamtlich um historische Fahrzeuge kümmert. Und freundlich sollten die Farben wirken.

Ab 1924 wurden die Fahrzeuge umlackiert und komplett gelb oder rot. Das helle Gelb war jedoch schmutzempfindlich, und deshalb wurde es in den 30er Jahren in einem dunkleren Ton aufgetragen. Auch nachdem die Hochbahn 1927 die 2. Klasse abgeschafft hatte, blieb es bei den unterschiedlichen Farben. Nun wurde aus dem roten 2.-Klasse-Waggon einfach der für Raucher, was die richtige Wagenwahl erleichterte. Vorher gab es nur kleine Hinweise neben den Türen. Die roten Raucherwagen waren bis Anfang der 50er Jahre im Einsatz.

Bei den ersten neuen Fahrzeugen nach dem Krieg wechselte die BVG dann auf das heute noch vorhandene „Orange- Gelb“ für alle Wagen. Ende der 80er Jahre wollte die damalige BVG-Führung auf Empfehlung von Designern alle Fahrzeuge, auch die Busse, weiß machen. Daraus wurde nach heftigen Protesten aber nichts. Einen heimlich umlackierten Bus bekam fast niemand zu sehen. Mitte der 90er Jahre entschied sich die BVG bei der Lieferung der ersten durchgängig begehbaren Züge der Baureihe H für das heutige „Sonnengelb.“ So wurden auch die sogenannten Gisela-Züge, die für die Ost-Berliner Verkehrsbetriebe (BVB) gebaut worden waren, umlackiert.

Auch in Ost-Berlin hatte man in den 80er Jahren einheitlich bei allen Fahrzeugen auf weiß gesetzt; nur die Türen und Fronten blieben farbig: bei der U-Bahn gelb, beim Bus und bei der Straßenbahn orange. Für die S-Bahn war ein dunkles Rot vorgesehen. Sie übernahm dieses Farbschema jedoch nicht, experimentierte aber mit eigenen Varianten.

Die Absicht, bei neuen S-Bahnen auch neue Farben einzuführen, scheiterten fast immer. Die BVG konnte, als sie für den Betrieb im Westteil der Stadt zuständig war, ihr Kristallblau nicht durchsetzen, und später musste die S-Bahn ihren Mitte der 90er Jahre in Senfgelb gelieferten neuen Zügen auch wieder die rot-gelben Traditionsfarben verpassen. Sogar das Schwarz-Rot der einst für Ost-Berlin gebauten Züge ist inzwischen durch Rot-Gelb ersetzt worden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false