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Berlin: Abends kam die Kündigung: Alba entlässt 90 Mitarbeiter

60 Sortierer und 30 Kraftfahrer verlieren ihren Job bei der Müllfirma – Gewerkschaft spricht von Nacht-und-Nebel-Aktion

Die Kündigung kam mit der Nachtschicht. Als die Beschäftigten des Berliner Entsorgungsunternehmens Alba am späten Donnerstagabend glaubten, eine ganz normale Schicht habe begonnen, machte plötzlich ein böses Gerücht die Runde: 90 Mitarbeiter sollten an diesem Abend ihren Job verlieren. Und tatsächlich, kurz darauf wurden Arbeiterinnen und Arbeiter ins Büro des Geschäftsführers zitiert. „Die Leute wurden alphabetisch aufgerufen und haben dann einzeln ihre Kündigung erhalten – fristgerecht zum 30. November“, sagt Harri Mikolaizik, Sortierer im Alba-Recycling-Werk. 60 seiner Kolleginnen und Kollegen sowie 30 Kraftfahrer des Entsorgungsunternehmens sind vom 1. Dezember an ohne Arbeit. Klaus Fürtig von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi spricht von einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“.

Alba macht hingegen die „Verhandlungsunwilligkeit“ der Gewerkschaft Verdi für die Entlassungen verantwortlich. Vor langem begonnene Gespräche über eine „marktkonforme Lohnstruktur“ seien nicht vorangekommen. „Wir hätten die Freisetzung gern verhindert“, versichert Sprecher Axel Bahr. Vergeblich habe man über eine Lohnkürzung um 15 bis 20 Prozent bei gleichzeitiger Arbeitsplatzgarantie für zwei Jahre verhandelt. Dies habe Verdi jedoch „torpediert“.

Nach Auskunft der Betroffenen versuche Alba nun auf anderen Wegen, die Löhne zu drücken. Der Vorwurf: Der Müll-Konzern habe vor, die Beschäftigten zu Dumpinglöhnen in Leiharbeitsfirmen abzudrängen, die ebenfalls zur Firmengruppe gehörten. So wurde auch den gekündigten Beschäftigten noch am Donnerstagabend ein Auflösungsvertrag samt Abfindung angeboten – wenn sie einen Arbeitsvertrag bei der ERV Entsorgung & Rohrservice Velten GmbH unterschrieben. Die Brandenburger ERV betreibt Sortieranlagen und ist ein Tochterunternehmen von Alba. „Ein Herr von der ERV wartete schon vor dem Werkstor mit den Verträgen“, berichtet Harri Mikolaizik. Das Kalkül des Müll-Konzerns: ERV zahlt rund sechs Euro pro Arbeitsstunde, Alba dagegen knapp neun. Nur wer sofort unterschrieben habe, sei der Kündigung bei Alba entgangen, sagt Mikolaizik. Vier von sechzig Sortierern nahmen das Angebot an.

Alba-Sprecher Bahr weist die Darstellung zurück und sagt, insbesondere „Verdi agiert unverhältnismäßig.“ Die Gewerkschaft habe nicht erkannt, dass sich der Entsorgungsmarkt massiv verändere. Das Auslaufen der Verträge des Dualen Systems und die geringere Bautätigkeit hätten die Abfallmengen dramatisch reduziert. „Wir müssen schauen, wie wir unsere Betriebe betriebswirtschaftlich weiterführen können“, sagt Bahr. „Wir müssen verdammt genau auf die Lohnkosten achten.“ Besonders unter Druck stehen die Recycling-Standorte an der Flottenstraße und Montanstraße in Reinickendorf sowie der Bauschutt-Entsorger am Hultschiner Damm wo Alba vor der Kündigungswelle insgesamt 300 Mitarbeiter beschäftigte. Bahr zufolge ist aber nicht an eine Schließung gedacht. Verdi hatte bereits im Mai vor einer Stilllegung der Recycling-Standorte gewarnt und von insgesamt 180 Kündigungen gesprochen. In Berlin zählt Alba 1500 Beschäftigte, bundesweit sind es rund 5000.

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