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Berlin: Abflug in die Sonne

Ein kurzer Sommer an diesem langen Wochenende: Die ganze Stadt ist auf den Beinen. Und manche sind in der Luft

Kraftvoll bläst der Wind in den großen Lenkdrachen und reißt Florian Giehl in die Luft. Er fliegt meterhoch nach oben und noch weiter nach vorne, dreht sich dabei, streckt den Arm von sich. Nach ein paar Sekunden landet er wieder und heizt mit dem Landboard, einer Art Offroad-Skateboard mit Bindungen, über die Wiesen des alten Tempelhofer Flughafens. Der 26-jährige Schöneberger ist ein Kite-Landboarder. Am Wochenende treffen sich die besten Fahrer zu Wettkämpfen bei den internationalen KLB Open auf dem Flugfeld, auch Giehl ist dabei.

Während der Schöneberger in die Luft geht, ist die halbe Stadt auf den Beinen. Es wird ein schönes Wochenende und ein langes dazu. Drei Tage, 24 Grad, Sonnenschein, noch einmal ein kurzer Sommer, bevor der kühle Herbst so richtig beginnt. Etliche Dampfer und Neugierige an den Ufern machen sich auf den Weg zum Spektakel „Wannsee in Flammen“. Am Brandenburger Tor findet das Einheitsfest statt. Die Botanischen Gärten laden ein, die Gärten der Welt, die Biergärten sowieso. Und auch das Ökowerk am Teufelsberg feiert Sonntag sein „Herbstfest“. Immer dabei: die Sonnenbrille.

Auch Florian Giehl wird in die Tempelhofer Sonne blinzeln von Sonnabend bis Montag, wenn all die Sportler spektakulär durch die Luft fliegen, springen, hechten. Die Besucher können sich selbst an Drachen und Lenkmatten probieren, auch Läden und Händler sind vor Ort.

Florian Giehl begann mit dem Sport vor sechs Jahren, seit dem vergangenen Jahr fährt er bei der Deutschen Meisterschaft mit. Geld verdienen kann er mit der jungen Sportart – der Trockenvariante des Kitesurfens – nicht. Die Preisgelder lägen manchmal nur bei etwa 100 Euro für den ersten Platz, sagt er. In Berlin werde der Sport nun mitten in der Stadt präsentiert, das sei gut. Beim Zuschauen kann man den Kick nur erahnen, den Giehl beim Kite-Landboarden bekommt. „Man fliegt halt und kann in der Luft machen, was man möchte“, sagt er, als ob es das Einfachste auf der Welt wäre. Manchmal habe er keine Lust auf Tricks, dann heize er nur über den Asphalt. Probleme mit Skatern oder Joggern habe er noch nicht gehabt, man müsse nur vorausschauend fahren. Seit das Flugfeld offen ist, kommen immer mehr Kiter, Surfer, Drachenflieger auf die ehemaligen Landebahnen in Tempelhof. Auch Giehl fährt oft mit dem Fahrrad hin, um nach der Arbeit noch eine Runde zu drehen. Selbst bei wenig Wind kann er auf der Fahrbahn herumrollen, dort ist der Widerstand gering. Im Winter bei Schnee schnallt er sich das Snowboard unter die Füße, wenn er am Meer ist, ein Kiteboard. „So kann man das ganze Jahr über was machen“, sagt er.

Anfänger sollten mit kleinen Drachen beginnen und nie den in Berlin meist böigen Wind unterschätzen. „Bei zu viel Wind lieber aufhören und sich der Naturgewalt geschlagen geben“, rät Giehl. Wenn man die Kites zum Springen oder zur Fortbewegung nutzt, sollte man auf jeden Fall Helm, Schoner und Handschuhe tragen. Giehl hat bisher Prellungen und Gehirnerschütterungen erlitten. Seine Chancen für das Wochenende kann Giehl nicht einschätzen, das hänge von der Tagesform ab – und vom Wind. Noch meint es die Wettervorhersage nicht so gut mit den Fahrern: viel Sonne, wenig Wind.

Obwohl, so übel sind die Aussichten ja auch wieder nicht.

KLB Open, Sonnabend bis Montag, 10 bis 19 Uhr, Tempelhofer Flugfeld, Eingang Tempelhofer Damm, Eintritt frei, Infos auf www.klb-open.com

 Christoph Spangenberg

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