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Auf abgeordnetenwatch.de können Wähler direkt die Kandidaten zur Bundestagswahl befragen. Eine Antwort bleibt oft aus.

© dpa

Abgeordnetenwatch.de: Berliner Kandidaten bleiben Antworten schuldig

Im Internet stellen sich die Direktkandidaten in Berlin auf abgeordnetenwatch.de den Fragen der Wähler. Noch fehlen fast 40 Prozent der Antworten. Eine Tagesspiegel-Auswertung zeigt jetzt, welche Partei am fleißigsten und welche am faulsten ist - denn die Unterschiede sind groß.

Nach dem TV-Duell ist immer noch vor der Bundestagswahl. Und nicht nur Angela Merkel und Peer Steinbrück haben sich im Wahlkampf zu rechtfertigen. Auch die Berliner Direktkandidaten aller Parteien bekommen auf dem Internetportal abgeordnetenwatch.de jede Menge Fragen gestellt – direkt vom Wähler. Doch die Antwort bleibt oft aus. Eine Auswertung des Tagesspiegels mit Stand vom 2. September zeigt: Die meisten Fragen bekommt die CDU. Die meisten Antworten kommen von der Linken.
Seit August listet das Portal sämtliche Direktkandidaten für die Bundestagswahl. Der größtenteils durch Spenden finanzierte gemeinnützige Verein „Parlamentwatch“ bietet Nutzern so kostenlos die Möglichkeit, direkt in Kontakt mit den Kandidaten im eigenen Wahlkreis zu treten. Frage und Antwort werden dann auf der Seite veröffentlicht.
In Berlin ist vor allem Gregor Gysi (Linke) gefragt: „Was sagen Sie zur Rentenerhöhung im Westen?“, „Wie ist Ihre persönliche Meinung zum Mindestlohn?“ Und, emotionaler: „Warum erklärst du den Bürgern nicht endlich die Wahrheit? Du hast Angst!“ Insgesamt 32 Fragen sind bisher bei Gysis Profil aufgelaufen. Rekord. 23 hat er bereits beantwortet.

Überhaupt haben die Kandidaten der Linken im Vergleich die beste Antwortquote. 77,5 Prozent aller Fragen wurden bis zum Montag beantwortet. Mit insgesamt 99 Fragen an ihre Kandidaten ist zwar die CDU für die Nutzer am interessantesten, eine Antwort erhielten die Wähler aber nur in 61,6 Prozent der Fälle. Die Union ist damit in guter Gesellschaft. Auch Grüne, SPD und selbst die Piraten haben nur geringfügig bessere Quoten. Einzig die FDP blieb in 60 Prozent der Fälle eine Antwort schuldig und bildet damit von allen in einem Parlament vertretenen Parteien in Berlin das Schlusslicht. Durchschnittlich blieben bei den etablierten Parteien bisher nur 37 Prozent der Fragen unbeantwortet.

Doch die Parteien investieren nicht nur unterschiedlich viel Zeit, sondern auch Geld in das Projekt. Die Kandidaten der Linken kauften Profil-Upgrades für insgesamt etwa 1800 Euro. So lassen sich auf der Plattform Bilder der Kandidaten einbinden und zusätzliche Informationen wie eine Biografie hinzufügen. Die FDP verzichtete komplett und beließ es bei der kostenfreien Basisversion.

Neben Spenden sind diese Upgrades die Haupteinnahmequelle von „Parlamentwatch“. „Wir wollen damit die Politiker an den Kosten beteiligen“, sagt Geschäftsführer Gregor Hackmack. Dem Jahresbericht zufolge nahm der Verein 2011 und 2012 über 70 000 Euro damit ein. Doch der Verein hat Schulden aus der Gründungsphase in Höhe von fast 90 000 Euro, die immer noch abgestottert werden müssen. Und das, obwohl die Plattform seit Jahren immer beliebter wird. Bis Ende August hatten bundesweit bereits 100 000 Nutzer den Kandidaten-Check gemacht. Ähnlich wie beim Wahl-O-Mat können Wähler dabei ihre eigenen politischen Positionen mit denen der Direktkandidaten abgleichen. 74 Prozent aller Kandidaten beteiligen sich in Deutschland bisher an dem Check.

Bis zum 22. September haben die Politiker noch Zeit, die Fragen der Wähler zu beantworten. Dann wird die Sektion geschlossen, bleibt aber einsehbar: „Als Wählerarchiv“, sagt Hackmack. So könne nachgesehen werden, ob die späteren Abgeordneten halten, was sie als Kandidaten versprochen haben.

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