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Fraktionsübergreifend. Die große Mehrheit der neuen Berliner Abgeordneten präsentiert sich sozial, bildungs- und kulturfreundlich.

© DAVIDS

Abgeordnetenwatch.de: So denkt das neue Parlament

Mehr Personal auf den Bahnhöfen? Alle Opern erhalten? Öffentlichen Wohnungsbau fördern? Abgeordnetenwatch.de befragte die Politiker zu aktuellen Themen – mit überraschenden Ergebnissen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Parteipolitik ist nicht alles. Bei vielen Themen, die den Bürgern wichtig sind, finden die Volksvertreter in Berlin einen gemeinsamen Nenner. Ganz egal, welcher Fraktion im Abgeordnetenhaus sie angehören. So sprachen sich bei einer Umfrage des Internetportals abgeordnetenwatch.de 128 Parlamentarier dafür aus, dass Hartz IV- und Sozialhilfeempfänger beim Besuch von Kultur- und Freizeiteinrichtungen, aber auch im öffentlichen Personennahverkehr Vergünstigungen erhalten. Drei enthielten sich der Stimme, keiner war dagegen.

Das Ergebnis der Befragung lässt sich vielleicht so zusammenfassen: Das Berliner Parlament ist parteiübergreifend sozial, bildungs- und kulturfreundlich, umweltbewusst und ordnet dem Staat eine tragende Rolle zu. So findet sich im Abgeordnetenhaus keine einzige Stimme für die Privatisierung großer Landesunternehmen. Im Gegenteil: Zweidrittel der Befragten will die privaten Anteile an den Berliner Wasserbetrieben zurückkaufen. Und die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sollen wegen der steigenden Mieten wieder mehr Wohnungen bauen.

Auf die Frage, ob auf den U- und S-Bahnhöfen Berlins mehr Personal eingesetzt werden soll, antworteten nur zwei Abgeordnete mit Nein. Eine Mehrheit unterstützt auch die Forderung nach mehr Polizisten. Die staatliche Förderung energiesparender Gebäudesanierungen findet über die Parteigrenzen hinaus ebenfalls breite Zustimmung. Und es bekennen sich fast alle befragten Mandatsträger zu den Kultureinrichtungen der Stadt. Die Opern, großen Theater und Orchester sollen weiter aus dem Landeshaushalt finanziert werden. Auch die Förderung der alternativen Kulturszene findet große Unterstützung.

Abgeordnetenwatch.de ist ein bundesweites, politisch unabhängiges Online-Projekt, das 2004 in Hamburg startete, sich über Spenden und Förderkreise finanziert und den direkten Kontakt zwischen Volksvertretern und Wahlkandidaten mit den Bürgern herstellt. Dem Prinzip folgend: Wähler fragen, Politiker antworten. Mehr Kontrolle und Transparenz der parlamentarischen Demokratie sind das große Ziel.

Am „Kandidatencheck“ vor der Berliner Wahl am 18. September beteiligten sich 132 der 149 Abgeordneten, die ins neue Landesparlament eingezogen sind. Die Ergebnisse der Befragung liegen nun vor. Und so erfahren wir, dass sich 64 Abgeordnete für den Ausbau der A 100 aussprechen, 56 sind dagegen. Das ist eine Mehrheit, wenn auch etwas wackelig. Auch das Votum des Bundesverwaltungsgerichts gegen ein strenges Nachtflugverbot auf dem neuen Flughafen BER in Schönefeld wird von den Berliner Parlamentariern mehrheitlich unterstützt.

Kostenfreie Kitas und der Verzicht auf Studiengebühren gehören ebenfalls zum Repertoire des ideellen Gesamtparlaments. Gegenüber dem Bund soll sich das Land Berlin für einen gesetzlich festgeschriebenen Mindestlohn einsetzen. Und für ein Verbot der NPD. Um die Einnahmen der Stadt zu erhöhen, wird eine Touristenabgabe (City-Tax) von einer deutlichen Mehrheit befürwortet.

Sortiert man das Meinungsspektrum des Parlaments nach den einzelnen Fraktionen, ist das Ergebnis wenig überraschend. Die größten Übereinstimmungen finden sich bei den Abgeordneten von SPD und Linken, die immerhin zehn Jahre miteinander regierten. Rot-Grün, aber erst recht Rot-Schwarz liegen deutlich weiter auseinander.

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