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Berlin: Abgesackt ins Chaos

Chronologie einer Baustelle: Wie ein kleines Loch im Gehweg der Potsdamer Straße Karriere macht

Anfangs war das Problem nur 35 mal 35 Zentimeter groß und kaum erkennbar. Jetzt umfasst es mehrere Quadrat-, nein, Kubik-Meter und ruht hinter beleuchteten Absperrbaken, die es in Form eines Schiffsrumpfes umschließen und auch dem Anprall von Fahrradkurieren und Zwillingskinderwagen standhalten.

Es handelt es sich um ein Loch im Gehweg der Potsdamer Straße, genau vor dem Eingang zum Tagesspiegel. Der Ort ist reiner Zufall – es kann jeden treffen.

Tock-tock, machte die Gehwegplatte leise, während sie unter dem Fuß nachgab. Abergläubische Kollegen hielten es für ein schlechtes Zeichen, dass bei ihrer Ankunft an der Arbeitsstelle der Boden nachgab. Sie sollten Recht behalten: Anfang Mai machte die Platte noch ein paar Mal deutlich Dong-dong, um schließlich Richtung Erdmittelpunkt zu verschwinden. Ein Anruf beim Tiefbauamt Mitte bewirkte zunächst eine kleinräumige Absicherung des Schadensortes. Vor ein paar Tagen aber rückte der Bautrupp einer privaten Firma an, machte aus dem kleinen Loch ein großes, türmte einen Haufen aus Sand und Bauschutt und werweißwas auf, stapelte Gehwegplatten und Pflastersteine, setzte eine Spundwand, verstärkte die Absperrung, machte das nunmehr zwei Meter tiefe Loch mit einem Bretterdach winterfest und stellte die Diagnose: Latente Unterspülung. Durch Abwasser. Deshalb könnten auch Ratten den Gehweg untergraben haben, tippt ein Arbeiter: „Die Ratten nehmen den Kanal als Autobahn.“ Jetzt hat der Tagesspiegel also eine eigene Ausfahrt.

Nun geht das Problem – zumindest seine theoretische Ebene – an die Berliner Wasserbetriebe über. Die wussten es gestern noch nicht, sollten es aber per Fax von dem Unternehmen, das nach fünf Wochen seine Havariebrigade alarmiert hatte, erfahren. Dann könne die Sache in 14 Tagen erledigt sein, sagt ein Mitarbeiter der Firma. Manchmal dauere es aber auch ein knappes Jahr.

„Das finde ich frech“, sagt der Sprecher der Wasserbetriebe. Viele Schäden würden schon nach wenigen Tagen behoben. Aber erst müsse man das Leck lokalisieren. Gut möglich, dass es sich unter dem 90 Zentimeter breiten Streifen vor der Hauswand befindet, der bisher nicht untersucht wurde.

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